Nur 0,15 Prozent Biomethan im Gas-Mix, aber 86 Prozent erneuerbarer Strom – was heißt das für die Energiewende? Die E-Control hat im Rahmen eines Webinars ihren aktuellen Strom- und Gaskennzeichnungsbericht präsentiert. Der Bericht zeigt nicht nur Markttrends, sondern auch neue regulatorische Entwicklungen – und ein überraschend differenziertes Bild der Energiewirklichkeit in Österreich.
Kennzeichnungspflicht sorgt für mehr Durchblick
Energieversorger müssen die Herkunft der gelieferten Energie offenlegen – gesetzlich vorgeschrieben und für Kund:innen sichtbar auf Rechnungen und Werbematerialien. Grundlage dieser Transparenz sind sogenannte Herkunftsnachweise (HKN). Diese belegen nicht den tatsächlichen Stromfluss, sondern geben Auskunft über den Energiemix, der bilanziell beschafft wurde. Sie werden europaweit gehandelt – unabhängig von der physikalischen Lieferung.
Im Strombereich wurde 2024 ein Rekordanteil an erneuerbaren Quellen verzeichnet: Laut Kennzeichnungsbericht beträgt der Anteil erneuerbarer Energieträger 86,52 Prozent – ein leichter Anstieg gegenüber dem Vorjahr. Der Anteil fossiler Quellen sank auf 13,42 Prozent. 110 von 131 Lieferanten setzen vollständig auf „grüne Produkte“.
Monitoring vs. Kennzeichnung: Zwei Zahlen, zwei Perspektiven
Interessant ist der Vergleich mit dem EAG-Monitoringbericht: Dort wurde ein Anteil von 94 Prozent erneuerbarer Stromproduktion ausgewiesen. Die Differenz ergibt sich durch zwei unterschiedliche Betrachtungsweisen. Während das Monitoring die physikalische Erzeugung innerhalb Österreichs bilanziert, basiert der Kennzeichnungsbericht auf den eingesetzten Herkunftsnachweisen – also einer kaufmännischen Sichtweise inklusive Importen und Exporten von HKN.
Herkunft, Technologien und Handel im Fokus
Bei der Stromkennzeichnung dominiert weiterhin die Wasserkraft: Rund 62 Prozent der HKN stammen aus dieser Quelle. Es folgen Windkraft (12,9 Prozent) und Photovoltaik. Bei den fossilen Technologien liegt Erdgas mit 13,38 Prozent vorn. Herkunftsnachweise aus dem Ausland spielen ebenfalls eine Rolle: 71,35 Prozent stammen aus Österreich, rund 10 Prozent aus Norwegen. Neu ist die verpflichtende Angabe, ob Strom und HKN gemeinsam gehandelt wurden – das trifft inzwischen auf fast die Hälfte des Stroms zu.
Gaskennzeichnung: Noch in den Startlöchern
Die Gaskennzeichnung wurde zum dritten Mal durchgeführt – mit verhaltenem Ergebnis. Der Anteil von Biomethan im Gasversorgermix liegt laut E-Control bei nur 0,15 Prozent. Positiv hervorzuheben sind erste internationale HKN-Transfers mit Ländern wie Spanien und Tschechien sowie der erstmalige Einsatz von Wasserstoff-Herkunftsnachweisen. Fünf neue Biomethan-Anlagen wurden 2025 registriert – ein Zeichen für leichte Marktdynamik.
Novelle der Kennzeichnungsverordnung bringt Neuerungen
Mit der 2025 novellierten Stromkennzeichnungsverordnung (KenV) reagiert die E-Control auf technische Entwicklungen: Neue Regelungen betreffen insbesondere Speicheranlagen, Mischtechnologien und die Umwandlung von Strom- in Gas-Herkunftsnachweise – etwa für Power-to-Gas- oder Wasserstoff-Anwendungen. Auch Power Purchase Agreements (PPAs) werden nun abgebildet. Ziel ist es, sowohl Transparenz als auch Handhabbarkeit für Marktteilnehmer zu verbessern.
Blick nach vorne: Neue Datenbank ab Mai 2026
Ein zentrales Zukunftsprojekt ist die neue Herkunftsnachweisdatenbank, deren Einführung für Mai 2026 geplant ist. Sie soll die bestehende Plattform ablösen, Prozesse vereinfachen und neue Funktionalitäten ermöglichen. Der Release erfolgt nach einer zweiwöchigen Systemmigration – bis dahin bleibt das alte System im Einsatz. Ab Anfang 2026 werden Handbücher, Videos und Schulungen für eine reibungslose Umstellung bereitgestellt.
Der Strom- und Gaskennzeichnungsbericht 2025 liefert nicht nur aktuelle Daten zum Energiemix, sondern unterstreicht auch den Wandel in der Energiewirtschaft – von reinen Erzeugungszahlen hin zu einer detaillierten Nachvollziehbarkeit der Energieherkunft. Für Verbraucher:innen schafft das mehr Transparenz, für die Branche neue Anforderungen – und Gestaltungsspielräume.
Weitere Informationen auf: www.e-control.at