Ab dem kommenden Jahr kann der Netzbetreiber und Auftraggeber TenneT somit sauberen Strom zur Versorgung von mehr als 500.000 Haushalten ans deutsche Festland bringen. Die ebenfalls von Siemens an TenneT gelieferte Landstation liegt in Büttel nordwestlich von Hamburg. Dort wird die elektrische Energie zur Einspeisung ins Netz wieder in den erforderlichen Wechselstrom konvertiert.
„Mit der Installation unserer Plattform auf See haben wir den kritischsten Teil dieses Projekts erfolgreich gemeistert. Damit sind wir auf der Zielgeraden für die Inbetriebnahme im Jahr 2014″, sagte Karlheinz Springer, CEO der Division Power Transmission im Sektor Energy der Siemens AG. „Mit der Plattform-Installation für HelWin1 haben wir erneut einen wichtigen Meilenstein in unseren Netzanbindungsprojekten erreicht. Die Übertragungskapazität unserer Projekte beläuft sich auf insgesamt 6,2 Gigawatt Strom aus erneuerbarer Energie. Damit trägt TenneT dazu bei, dass Offshore-Windenergie einen bedeutenden Anteil an der Energieversorgung der Zukunft haben kann“, so Lex Hartman, Mitglied der Geschäftsführung von TenneT. Netzbetreiber TenneT hatte Mitte 2010 das Konsortium aus Siemens und dem italienischen Kabelspezialisten Prysmian mit der Offshore-Netzanbindung HelWin1 beauftragt. Insgesamt realisiert das Konsortium vier Nordsee-Netzanbindungen für TenneT, HelWin1 und HelWin2 vor Helgoland, BorWin2 vor Borkum und SylWin1 vor Sylt.
Nach sieben Transporttagen auf See und vier Installationstagen vor Ort ist die HelWin1-Plattform am 23. August auf ihrer endgültigen Position nordwestlich der Insel Helgoland sicher verankert worden. Die Unterkonstruktion der Plattform hatte Siemens bereits im Juni in der dort 23 Meter tiefen Nordsee installiert. Zur Befestigung wurden zehn Stahlpfeiler mit bis zu 3,2 Metern Durchmesser und acht Zentimeter Wandstärke im Meeresboden verankert. Mit bis zu 100 Meter sind diese Pfeiler so lang wie das Londoner Wahrzeichen Big Ben. Als Schutz vor Jahrhundertwellen befindet sich die Plattform 22 Meter über dem Meeresspiegel. HelWin1 ist auf jahrzehntelangen Betrieb in der rauen Nordsee ausgelegt.
Die mit einem Hubschrauberlandeplatz ausgestattete Plattform wurde von Nordic Yards im Auftrag von Siemens in der Werft in Wismar hergestellt. Die Werft ist von Siemens noch mit der Fertigung von zwei weiteren HGÜ-Plattformen für die Netzanbindungen BorWin2 und SylWin beauftragt. Die HelWin1-Plattform wiegt mit 12.000 Tonnen mehr als 20 vollgetankte und beladene Großraumflugzeuge vom Typ Airbus A380. Mit 75 Meter Länge und 50 Meter Breite entspricht ihre Grundfläche mehr als der Hälfte eines Fußballfeldes. Auf sieben Decks bei 27 Meter Gesamthöhe beherbergt sie neben der Technik zur Hochspannungsgleichstrom-Übertragung (HGÜ) auch 16 Kabinen mit insgesamt 24 Kojen, eine Kombüse, sanitäre Einrichtungen, einen mit Sportgeräten ausgestatteten Mehrzweckraum und einen Aufenthaltsraum mit Satellitenfernseher.
Für die nachfolgende Projektphase in der Nordsee sind noch bis zu 100 Mitarbeiter vor Ort tätig. Sie werden zunächst für den Transport zugeschweißte Türen wieder öffnen und weitere Transportsicherungen sowie Ballastgewichte entfernen. Eine Hubinsel, also eine mobile Versorgungs- und Unterkunftsplattform, wird vor Ort Verpflegung und Quartiere für die Mannschaft bereitstellen. Diese spart sich somit eine An- und Abreisezeit von jeweils zwei Stunden mit dem Helikopter bzw. bis zu 16 Stunden mit dem Schiff.
Zudem werden die beiden Seekabel des namhaften Kabelspezialisten Prysmian angeschlossen. Der Konsortialpartner von Siemens hat zwei Kabel mit jeweils 130 Kilometer Länge geliefert und gebündelt verlegt. Über diese wird künftig der Gleichstrom mit 250 Kilovolt Spannung fließen, wobei die Kabeltrasse über 85 Kilometer im Meer und 45 Kilometer an Land verläuft. Jedes der beiden etwa 11 Zentimeter dicken, mit einer schützenden Stahlseil-Armierung versehenen Kabel wiegt pro Meter etwa 30 Kilogramm und verfügt über einen 3,5 Zentimeter starken Kupferleiter.
Die HGÜ-Plattform hat eine Leistung von 576 Megawatt. Dank der effizienten Gleichstromtechnologie liegt der Übertragungsverlust der Verbindung bei weniger als vier Prozent. Die von Siemens eingesetzte Technologie namens HVDC Plus reduziert die Komplexität und damit den Platzbedarf für HGÜ-Anlagen, was bei einer Installation auf See entscheidend ist. Im Gegensatz zur klassischen Variante der HGÜ, die bei Landverbindungen weit verbreitet ist, können sich Anlagen mit HVDC Plus zudem selbst stabilisieren. Bei Energieschwankungen, wie sie bei Erzeugung mittels Windkraft auftreten, wird so die Netzsicherheit erhöht. HVDC Plus ist ein Multilevel-VSC-System. Diese modulare, mehrschichtige VSC-Technologie sorgt für eine fast ideal sinusförmige Wechselstrom-Wellenform und eine geglättete Gleichspannung auf der Übertragungsstrecke, was den Einbau von Hochfrequenz- und harmonischen Filtern nahezu überflüssig macht.
Die Inbetriebnahme von HelWin1 ist für die zweite Jahreshälfte 2014 vorgesehen. Die Plattform ist voll automatisiert und ihre Systeme können von Land aus überwacht und gesteuert werden. Kameras und Sensoren ermöglichen dabei ein vollständiges Bild über den jeweiligen Betriebszustand. Die Mannschaftsquartiere auf der Plattform können dann bei Wartungsarbeiten genutzt werden. Siemens wurde von TenneT für zunächst fünf Jahre mit der Wartung der Netzanbindung beauftragt.
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