Tätigkeitsbericht 2023 der E-Control:

»Ein Jahr voll Licht und Schatten«

von Sandra Eisner
von Mag. Sandra Eisner Foto: © E-Control/Wilke

2023 – das Jahr der gestiegenen Strom- und Gaspreise, die unzähligen Konsumenten Kopfzerbrechen bereitet haben. So werden diese Turbulenzen wohl noch lange in Erinnerung bleiben. Doch es gab auch positive Entwicklungen im vergangenen Jahr. Lesen Sie bei uns, wie die E-Control über dieses »Jahr voll Licht und Schatten« Bilanz zieht.

Es war durchaus sehr bewegt, das vergangene Jahr. Die gestiegenen Strom- und Gaspreise waren endgültig bei den Konsumenten angekommen, doch auch die Dynamik auf den Energiemärkten wuchs wieder an und ermöglichte so Lieferantenwechsel mit günstigeren Neuvertragsangeboten. Doch wie ist die Lage aktuell? Und wie wird sie wohl 2025 aussehen? Welche Aspekte, Ereignisse und künftige Schwerpunkte von der E-Control beobachtet wurden und werden, darüber informierten Dr. Wolfgang Urbantschitsch, LL.M (Vorstand E-Control) und Prof. DI Dr. Alfons Haber, MBA (Vorstand E-Control) im Zuge der Vorstellung ihres Tätigkeitsberichts für das Jahr 2023. Wir waren bei der Präsentation für Sie dabei.

„Im Zuge unserer Beratungstätigkeiten stellen wir immer wieder fest, dass die Transparenz ein großes Thema ist. Viele Menschen fühlen sich nicht ausreichend informiert bzw. können sich durch dieses Dickicht an Informationen kein geeignetes Bild machen“, erklärte Dr. Wolfgang Urbantschitsch, LL.M. (Bild: E-Control/Anna Rauchenberger)

Wolfgang Urbantschitsch startete seinen Rückblick mit der Feststellung, dass sich die Situation 2023 – nach einer „regelrechten Achterbahnfahrt im Jahr 2022 – beruhigt hat.“ Die Versorgung mit Strom und Gas wurde auch im vergangenen Jahr weiterhin sichergestellt und die Energiemärkte haben sich einigermaßen beruhigt. Zudem hat der Wettbewerb erneut an Fahrt aufgenommen und die Dynamik auf den Energiemärkten wieder zugenommen. Soweit also zu den positiven Feststellungen. Doch wo Licht ist, gibt es bekanntlich auch Schatten. Dieser manifestiert sich im noch fehlenden Vertrauen der Kunden in den Markt und in die Energieunternehmen, die Marktakteure. Dieses „ist noch nicht gänzlich wiederhergestellt worden und es bedarf der Anstrengung aller Beteiligten, um es wieder zu gewinnen“, so Urbantschitsch. Konkret geht es dabei um verlässliche, stabile und leistbare Energiepreise sowie die nachvollziehbare und verständliche Kommunikation der Energieunternehmen mit ihren Kunden.

Großes Interesse am Thema Energie

„Wir konnten feststellen, dass das Interesse am Thema Energie ungebrochen groß ist“, konstatierte Urbantschitsch unter Bezugnahme auf eine Erhebung, laut der sich rund 70 % der Befragten grundsätzlich mit dem Thema Energie auseinandersetzen. So ist auch das Bedürfnis der Konsumenten nach unabhängiger Information und Beratung im Jahr 2023 enorm gewesen. Kaum verwunderlich, schließlich „haben sich die hohen Preise, die mit einer gewissen Verzögerung bei den Endkunden-Verträgen angekommen sind, schlussendlich auch in den Strom- und Gasrechnungen des Jahres 2023 gezeigt. So wurden die Auswirkungen dieser hohen Preise gespürt, wenngleich es auch staatlicherseits kostendämpfende Maßnahmen gegeben hat, zum Beispiel mit der Stromkostenbremse“, so Urbantschitsch.

Transparenz gewünscht

Über 42.000 Anfragen gab es im Jahr 2023 bei der Beratungsstelle der E-Control. Der Trend im neuen Jahr geht jedoch nach unten. 10.000 Anfragen in den Monaten Jänner und Februar des vergangenen Jahres stehen heuer 4.200 Anfragen im selben Zeitraum gegenüber. „Im Zuge unserer Beratungstätigkeiten stellen wir immer wieder fest, dass die Transparenz ein großes Thema ist. Viele Menschen fühlen sich nicht ausreichend informiert bzw. können sich durch dieses Dickicht an Informationen kein geeignetes Bild machen“, erklärte Wolfgang Urbantschitsch. Es ist also unerlässlich, sich mit dem Thema Transparenz und Kommunikation mit Kunden auseinanderzusetzen. Kunden wollen darüber informiert sein, wie sich Preise zusammensetzen, welcher Preis bezahlt wird und wie die Mengen ermittelt werden, die als Grundlage für die weiteren Abrechnungen dienen.

Korrekt ermittelte Mengen – exakte Ablesungen

Durch die weitestgehende Ausrollung der Smart Meter gibt es bereits die technische Möglichkeit, Rechnungsintervalle zu verkürzen. „Wir begrüßen es, dass im Entwurf zum neuen ElWG die monatliche Rechnung als Standard vorgesehen ist. Es wird in Zukunft viele Fragen reduzieren, wenn man monatlich die Rechnung bekommt“, zeigte sich Urbantschitsch erfreut.

Wesentlich ist jedoch auch, darüber zu informieren, welchen Preis Kunden pro Kilowattstunde Strom oder Gas zahlen. „Hier fällt uns auf, auch im Zusammenhang mit Preissenkungen zum Beispiel, dass dieses Bild noch nicht vollständig ist und dass die Menschen nur durch eine eingehende Recherche oftmals erkennen können, wie viel sie tatsächlich für das Produkt bezahlen“, so Urbantschitsch. Eine Hilfeleistung dafür würden zum Beispiel Apps oder andere Formen der digitalen Kommunikation bieten.

Gesunkene Preise

Erfreulicherweise sind nicht nur die Großhandelspreise, sondern auch die Preise der Endkundenverträge gesunken. Was waren die Gründe? „Tatsächlich hat auch der Ausbau der erneuerbaren Energieträger dazu geführt, dass sich die Stromsituation verbessert hat. Es gab und gibt auch in Wintermonaten zu vielen Stunden sehr viel erneuerbaren Strom in den Stromnetzen. Dadurch sind die Gaskraftwerke weniger gefahren. Man muss aber auch berücksichtigen, dass wir gerade in den vergangenen Monaten außergewöhnlich milde Temperaturen gesehen haben. Die Gasspeicher waren voll und neue Gaslieferquellen trugen dazu bei, dass sich die Gaspreise deutlich nach unten entwickelt haben und in Summe stabil geblieben sind“, erklärte Urbantschitsch. Diese gesunkenen Großhandelspreise kamen jedoch nur verzögert bei den Kunden an. Laut Urbantschitsch werde diese Situation weiter beobachtet, insbesondere was die Bestandskundentarife betrifft.

Gestiegene Wechselrate

Aufgrund der geänderten Preissituation und der Neuvertragsangebote, die deutlich günstiger als Bestandskundentarife sind, ist es zu einem Ansteigen der Wechselrate gekommen. „Wir hatten bei Strom eine Wechselrate von 3,9 % (nach einer viel geringen Wechselrate im Jahr zuvor) und bei Gas lag die Wechselrate bei 7,9 % im vergangenen Jahr“, stellte Urbantschitsch fest. Zunehmender Beliebtheit erfreuen sich Floating-Produkte, also Produkte, deren Preis sich z. B. einmal im Monat ändert, und zwar auch unter Bezugnahme auf den Großhandelspreis. „Wir haben uns angeschaut, wie sich ein solcher variabler Preis im Floating-Produkt über das Jahr gesehen in den vergangenen Jahren ausgewirkt hätte“, so Urbantschitsch. Das Ergebnis: Hätte man 2022 ein solches Floating-Produkt gewählt, wäre der Preis noch immer unter 0,30 € im gesamten Jahr im Schnitt gewesen. Im Jahr 2023 lag man fast in Höhe der Stromkostenbremse von 0,10 € pro Kilowattstunde und 2024 läge man jetzt schon wieder deutlich darunter. Anzumerken ist, dass es sich einerseits um individuelle Entscheidungen handelt und man andererseits zum damaligen Zeitpunkt nicht unmittelbar damit rechnen konnte, dass die Preise wieder stark sinken würden bzw. zu welchem Zeitpunkt.

Abschließend legte Wolfgang Urbantschitsch dar, dass weiterhin sinkende Preise am Großhandelsmarkt zu beobachten sind – und zwar auf einem Preisniveau, das zuletzt im Sommer 2021 verzeichnet wurde: „Bei den Neukundenangeboten gibt es erfreulich gute Preise, bei den Bestandskundenpreisen sehen wir noch eine gewisse Trägheit, wir gehen aber davon aus, dass sich in diesem Jahr diesbezüglich noch einiges tut.“

„Wir können zusammenfassen, dass wir im Stromverbrauch bezogen auf den öffentlichen Endverbrauch im letzten Jahr eine Reduktion um 5,5 % hatten. Das entsprach einem Verbrauch von 54,3 Terawattstunden“, so Prof. DI Dr. Alfons Haber, MBA. (Bild: E-Control/Anna Rauchenberger)

Bewertung der Versorgungslage

Alfons Haber ging in seinem Bericht auf die Versorgungslage mit Gas und Strom ein, die „insbesondere im Winter dieses Jahres sehr gut vonstattengegangen ist, weil es relativ warme Temperaturen gegeben hat.“ Diese hatten eine massive Auswirkung auf den Verbrauch sowie auf die verfügbaren Speichermengen – mit Stand 19. März waren in Österreich 73,2 Terawattstunden eingespeichert, was 74,7 % der Speicherfüllmenge entspricht. Das wiederum bietet eine komfortable Situation, um auch für den nächsten Winter gut gewappnet zu sein und mit einer raschen Neubefüllung dieser Speicher eine ähnliche Situation wie im letzten Winter zu erzielen. „Wir hatten einen Speicherfüllstand von mehr als 95 % und das ist ein wichtiger Parameter für die weitere Bewertung der Versorgungslage“, so Haber.

Jede nicht verbrauchte Kilowattstunde zählt

Vor allem Konsumenten, die Energie sinnvoll und effizient einsetzen, haben ihnen Beitrag zur Versorgungslage geleistet. Das zeigt sich in der Entwicklung der Strom- und Gasverbräuche. Haber: „Wir können zusammenfassen, dass wir im Stromverbrauch bezogen auf den öffentlichen Endverbrauch im letzten Jahr eine Reduktion um 5,5 % hatten. Das entsprach einem Verbrauch von 54,3 Terawattstunden. Im Gasbereich hatten wir eine Reduktion von 12,5 %. Das entspricht einem Verbrauch von 75,6 Terawattstunden.“

Herausforderung für 2025

Aktuell ist die Versorgung mit Strom und Gas gesichert, allerdings laufen die Transitverträge durch die Ukraine mit Ende des Jahres 2024 aus. Somit gilt es, eine Reihe von Vorkehrungen zu treffen für eine Sicherstellung der Gasversorgung 2025 (Stichwort Diversifizierung).

Einen wesentlichen Beitrag zur Versorgungssicherheit leistet die Energieeffizienz. Mitte des letzten Jahres ist dazu eine neue gesetzliche Grundlage in Kraft getreten, das sogenannte Energieeffizienzgesetz, „welches die E-Control als zuständige Monitoring-Behörde benannt hat“, so Haber: „Und über diese Monitoring-Stelle setzen wir eine Reihe von Maßnahmen, so wie das Monitoren und Evaluieren von Energieeffizienzmaßnahmen und -zielen. Wir konnten bereits eine Reihe von Meilensteinen setzen. Wir haben dazu auch drei Verordnungen erlassen, um die Marktteilnehmer mit ihren Verpflichtungen monitoren und diese Daten analysieren zu können.“

Die Schwerpunkte bei dieser Monitoring-Stelle sind neben den Meldungen der Energieverbräuche auch die Erstellung von Listen für die Beratungsstellen und die Aufbereitung von Daten. Zusätzlich gibt es neue Effizienz-Richtlinien, die implementiert werden müssen.

Regulatorische Aspekte der E-Control

Mit 1.1.2024 wurde eine neue Regulierungssystematik für die Stromnetzbetreiber eingeführt, um die Stabilität und die Möglichkeit der Investitionen zukünftig sicherstellen zu können. Es wurden flexible Ausgestaltungen in die Regulierungssystematik implementiert, um den zukünftigen Entwicklungen und Anforderungen vorab gerecht werden zu können, um somit die Planbarkeit, Stabilität und auch die Investitionssicherheit in die Netze sicherstellen zu können. Dies betrifft allgemein die Gasnetzbetreiber und die Stromverteil- und Übertragungsnetzbetreiber.

Anforderungen an die Netze

Der Boom beim Ausbau der Photovoltaikanlagen hat sich von 2022 auf 2023 fortgesetzt. Dabei gibt es ein erhebliches Verbesserungspotenzial, um diese hohe Anzahl der Anschlussanfragen an die Netze bewältigen zu können. „Wir haben im Jahr 2023 einen Aktionsplan dazu zusammengefasst und veröffentlicht, um eine rasche Umsetzung von Netzanschlüssen zu ermöglichen. Der Trend des Photovoltaik-Ausbaus geht weiter und deshalb haben wir uns dazu entschlossen, quartalsmäßig Berichte zu verfassen, unter Einbeziehung von 16 Verteilnetzbetreibern“, erklärte Haber. Diese 16 Verteilnetzbetreiber werden quartalsmäßig erhoben. Zusätzlich werden jährlich 44 Netzbetreiber, die ungefähr 98 % der gesamten Zählpunkte in Österreich repräsentieren, erhoben, um einen Überblick zu generieren, wie der Ausbau bei Photovoltaikanlagen voranschreitet.

Trend zu PV-Anlagen ist ungebrochen

Im Jahr 2023 wurde mehr als eine Verdoppelung von Photovoltaikanlagen ans Netz gebracht gegenüber 2022, in Leistungszahlen wurden knapp 2.300 Megawatt ans Netz angeschlossen. In Zahlen zusammengefasst gab es 160.000 Anträge für den Photovoltaik-Anschluss. Der Schwerpunkt bezog sich mit 37.000 Anträgen auf Niederösterreich, gefolgt von der Steiermark mit 35.000 Anträgen und Oberösterreich mit 31.000 Anlagen. Der Großteil der Anlagen konnte ohne Einschränkungen durchgeführt werden, in der Steiermark und Oberösterreich wurden 37 bzw. 39 % der Anlagen leistungsmäßig eingeschränkt, um rasch ans Netz zu kommen. Für die Bearbeitung eines Netzanschluss-Antrags wurde eine Zeit von etwa neun Tagen lokalisiert.

„Wir haben neue Herausforderungen und diesen sollte auf einer neuen gesetzlichen Basis begegnet werden. Wir haben eine sehr gute Grundlage eines in die Jahre gekommenen Gesetzes gesehen: Das ElWOG (Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz) sollte nach mehr als 13 Jahren abgelöst und neu geschrieben werden. Das neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz, ElWG, könnte im Sommer beschlossen werden. Schwerpunkte sind neben den Endkundenrechten die dezentralen Versorgungskonzepte, der Netzbetrieb, die Entgelte und die Versorgungssicherheit – alles wichtige Bereiche für die Strom- und Gassituation im Zusammenhang mit einer sicheren, wettbewerbsfähigen und leistbaren Energiezukunft. Somit sollte das Gesetz zeitnah umgesetzt werden, um für die Energiesystemwende keine weitere Zeit mehr zu verlieren“, so Haber abschließend über einen weiteren möglichen Meilenstein auf unserem spannenden Weg in eine noch spannendere Zukunft.

Weitere Informationen auf: www.e-control.at

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