Windkraft gilt als eine der effizientesten und nachhaltigsten Energiequellen. Sie spielt eine zentrale Rolle im Kampf gegen den Klimawandel und ist ein Schlüsselakteur bei der Energiewende. Doch trotz ihrer Vorteile steht die Technologie auch vor erheblichen Herausforderungen – ökologischer, sozialer, wirtschaftlicher und rechtlicher Natur. Eine aktuelle Untersuchung eines internationalen Forscherteams, an der auch Wissenschaftler der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) beteiligt waren, zeigt Lösungsansätze und Forschungsschwerpunkte auf, um diese Herausforderungen zu bewältigen.
Ein aktuelles Beispiel für die kontroverse Diskussion über Windkraft zeigt sich in Kärnten: Bei einer Volksbefragung stimmten 51,5 % der Wählerinnen und Wähler gegen die Nutzung von Windkraft in bestimmten Regionen, bei einer Wahlbeteiligung von nur 34,9 %. Clemens Matt, Generalsekretär des Alpenvereins, kommentierte: „Dieses Ergebnis zeigt, dass der Schutz der alpinen Natur einem Großteil der Kärntnerinnen und Kärntner wichtig ist. Unsere Position bleibt klar: Wir sind nicht gegen Windkraft per se, sondern dafür, dass ihre Standorte mit Bedacht gewählt werden, um sensible Naturräume zu schützen.“ Werner Radl, Vorsitzender des Alpenvereins Kärnten, forderte die Landesregierung auf, verantwortungsvoll mit dem Ergebnis umzugehen und betonte die Belastung der alpinen Landschaft durch Zufahrtsstraßen und Stromableitungen. Gleichzeitig verwies Erich Auer, Naturschutzreferent des Alpenvereins, auf die Notwendigkeit eines bewussten Umgangs mit vorhandenen Energieressourcen und betonte das Potenzial von Photovoltaik und Biomasse.
Dietmar Reiner, Geschäftsführer der Verbund Greenpower GmbH, kritisierte hingegen, dass die Abstimmung eine sachliche Debatte über die Zukunft Kärntens verhindert habe. „Mit der Physik lässt sich leider nicht verhandeln“, so Reiner. Er wies darauf hin, dass die Elektrifizierung von Mobilität, Wärme und Industrie den Strombedarf weiter erhöhen werde und Kärnten sich den Herausforderungen der Energiewende stellen müsse.
Die systemischen Auswirkungen der Windenergie
Die Studie, die auf der Auswertung von über 400 wissenschaftlichen Arbeiten basiert, identifiziert 14 zentrale Kategorien von Auswirkungen:
- Ökologische Herausforderungen: Dazu gehören Kollisionen von Vögeln und Fledermäusen mit Rotoren sowie Beeinträchtigungen des lokalen Klimas durch große Windparks. Auch das Recycling von Turbinenblättern und die Verwendung seltener Erden stellen drängende Probleme dar.
- Gesellschaftliche Aspekte: Landnutzungskonflikte, die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und lokale Gesundheitsbelastungen durch Lärm oder Schattenwurf stehen im Fokus. Dabei werden finanzielle Entschädigungen und die Einbindung der Bevölkerung als wichtige Hebel zur Akzeptanzsteigerung betrachtet.
- Wirtschaftliche Herausforderungen: Die Integration von Windenergie in Stromnetze und Märkte bringt technische und preisliche Unsicherheiten mit sich, die durch intelligente Netze und Speichersysteme adressiert werden können.
- Rechtliche und politische Hindernisse: Längliche Genehmigungsverfahren und geopolitische Risiken in der Lieferkette erfordern klare Regulierung und strategische Planung.
Hindernisse und innovative Lösungen
Die Studie zeigt auf, dass viele dieser Probleme durch gezielte Maßnahmen gelöst werden können:
- Naturschutz: Strategische Platzierungen von Windparks und technologischer Fortschritt wie visuelle Warnungen für Vögel können ökologische Risiken minimieren.
- Gemeinschaftliche Beteiligung: Die Akzeptanz von Windkraft steigt, wenn lokale Gemeinschaften finanziell beteiligt werden und wirtschaftliche Vorteile wie Arbeitsplätze geschaffen werden.
- Technologische Innovation: Fortschritte bei der Recyclingfähigkeit von Turbinenblättern und die Nutzung alternativer Materialien für Magneten können die Nachhaltigkeit der Windkraft erheblich verbessern.
- Effiziente Planung: Verkürzte Genehmigungsverfahren und transparente Planungsprozesse schaffen Vertrauen und erleichtern den Ausbau der Windkraft.
Landnutzungskonflikte: Herausforderungen und Lösungen
Ein großes Hindernis für die Akzeptanz der Windkraft sind Landnutzungskonflikte. Besonders in Gebieten mit unsicheren Eigentumsverhältnissen können Spannungen zwischen Betreibern von Windparks und lokalen Gemeinschaften entstehen. Studien zeigen, dass faire und inklusive Planungsprozesse erforderlich sind, um diese Konflikte zu lösen. Die Anerkennung traditioneller Landnutzungsrechte und die aktive Einbindung der betroffenen Bevölkerung sind dabei Schüsselfaktoren.
Beispiel Schweiz: Wie lokale Akzeptanz gefördert werden kann
Erstautor Russell McKenna, Professor für Energiesystemanalyse an der ETH Zürich, erklärt: „Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist generell hoch, beispielsweise befürworten 60 Prozent der Schweizer Bevölkerung Windkraftanlagen im zukünftigen Strommix, aber auf lokaler Ebene gibt es oft Widerstand. Es hat sich gezeigt, dass die Akzeptanz für Windturbinen steigt, wenn die Gemeinde davon profitiert, zum Beispiel durch eine finanzielle Beteiligung am Projekt oder wenn Arbeitsplätze für die lokale Wirtschaft geschaffen werden. Dabei geht es nicht nur um technische Arbeitsplätze – Windparks können auch attraktive Standorte für den Tourismus sein.“
BOKU-Lead-Autor Johannes Schmidt ergänzt: „Der Artikel gibt einen Überblick über den derzeitigen Stand der Forschung zu Auswirkungen von Windkraft auf Menschen und die Umwelt. In diesem Zusammenhang sind viele empirisch nicht gesicherte Informationen im Umlauf, und wir hoffen, dass wir damit eine gut aufbereitete wissenschaftliche Grundlage bieten, um sowohl potentiellen Fake News entgegenzuwirken als auch wichtige Forschungslücken aufzuzeigen.“
Zusammenfassung: Der Sinn der Studie
Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen, dass die Windenergie ein zentraler Baustein für die Energiewende ist. Allerdings sind innovative und integrative Lösungen notwendig, um bestehende Hindernisse zu überwinden. Die Untersuchung zeigt, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft unabdingbar ist, um die Akzeptanz zu erhöhen und die Vorteile der Windkraft voll auszuschöpfen. Gleichzeitig liefert sie eine wertvolle Grundlage für fundierte politische Entscheidungen und weist den Weg für zukünftige Forschungsarbeiten.