Alfred Mölzer hat das Staffelholz bei Gira übernommen – das Exklusiv-Interview dazu:

Fortsetzung einer Erfolgsgeschichte?

von Sandra Eisner
Foto: © Gira

Alfred Mölzer bekleidet seit Kurzem eine der interessantesten Positionen in der heimischen Elektrobranche. Der 42-jährige »Ur-Kärntner«, wie er sich selbst bezeichnet, hat am 1. März 2022 die Position von Franz Einwallner als Geschäftsführer von Gira Österreich übernommen. Wir baten den dreifachen Familienvater und passionierten Harley-Davidson-Fahrer vor das i-Magazin-Mikro und wollten von ihm wissen, was ihn dazu bewogen hat, die Energiewende aus einer neuen Perspektive erleben zu wollen.

Interview: Thomas Buchbauer

Eigentlich hätten wir nicht bis nach Radevormwald fahren müssen, um Alfred Mölzer vors i-Magazin-Mikro zu bitten. Aber die Gelegenheit bot sich an, als wir gemeinsam mit dem Neo-Geschäftsführer von Gira Österreich den neuen – überaus eindrucksvollen – Produktions- und Logistik-Dreh- und Angelpunkt des deutschen Familienunternehmens in Augenschein nahmen. Der ehemalige Managing Director vom österreichischen Solarenergie-Spezialisten Kioto Photovoltaics hat gute Karten, die Fußstapfen seines Vorgängers Franz Einwallner, der mit Ende Juni 2022 in den Ruhestand ging, zu übertreffen. Er will die Position des Unternehmens „mit Strahlkraft“ – wie er es selbst bezeichnet – in Österreich ausbauen. Wie er die Situation analysiert und zu welchem Zweck er das Gira-Partnernetzwerk optimieren will, lesen Sie hier.

 

„Österreich ist neben dem Heimmarkt Deutschland bereits einer der wichtigsten und erfolgreichsten Märkte von Gira mit einer kontinuierlich positiven Wachstumsentwicklung – und das in einem durchaus herausfordernden Marktumfeld mit global agierenden Konzernriesen“, so Alfred Mölzer. (Bild: Gira)

Herr Mölzer, Sie sind leidenschaftlicher Harley-Fahrer. Da liegt es nahe, Sie einen Vergleich ziehen zu lassen: Was haben Gira und Harley Davidson aus Ihrer Sicht gemeinsam?

Alfred Mölzer, Geschäftsführer von Gira Österreich: Eine Erfolgsgeschichte, die schon mehr als 117 Jahre andauert – Harley Davidson wurde 1903, Gira 1905 gegründet.

 

Sechs Monate an der Spitze von Gira Österreich. Wie fühlt sich das an? Und welches Resümee ziehen Sie nach dieser Zeit?

Mölzer: Es fühlt sich gut an. Gemeinsam mit meinem Vorgänger Franz Einwallner wurde die Übergangszeit detailliert geplant – dadurch ist eine perfekte Staffelübergabe möglich. Gira ist ein starkes Unternehmen, eine Marke mit hoher Strahlkraft und dank konsequenter Marktbearbeitung in den letzten Jahrzehnten in Österreich ein wichtiger Player im Premium-Segment. Diese Position gilt es auszubauen, das wird uns gelingen. Für ein Resümee sind sechs Monate aber noch ein bisschen knapp.

 

Sie kommen aus der PV-Branche. Sie waren GF von Kioto Photovoltaics. Was hat Sie bewogen, den »Branchenwechsel« zu vollziehen? War er in Anbetracht der nun immer stärker gelebten Energiewende und des Booms in der PV der richtige Schritt?

Mölzer: Klar war es die richtige Entscheidung! Derartige Entscheidungen trifft man ja nicht leichtfertig und ich konnte sie glücklicherweise aus einer komfortablen Situation fällen. PV und der Bereich Smart Home-Technik sind beide von hoher Dynamik gekennzeichnet, das ist sehr reizvoll. Nach vielen Jahren in der PV hat natürlich das Neue einen Zauber und auch die Möglichkeit, mich weiterzuentwickeln und die starke Marktposition von Gira auszubauen, reizte mich sehr. Persönlich freue ich mich, dass die PV in der breiten Gesellschaft angekommen und mittlerweile aus keinem Energiekonzept mehr wegzudenken ist. Stolz bin ich auch, dass ich viele Jahre an dieser Entwicklung mitwirken durfte. Und allen meinen Freunden aus der PV vergönne ich diese Entwicklung von ganzem Herzen und wünsche viel Erfolg und vor allem Spaß an der Umsetzung der ehrgeizigen Ausbauziele.

 

In Ihrer Biografie steht, Sie wären ein Ur-Kärntner und ein Genussmensch. Auf welche Weise haben Ihre Kunden Sie in den letzten Monaten bereits kennengelernt?

Mölzer: Mit meinen Kollegen bin ich seit Wochen auf Österreich-Tour, mir ist es sehr wichtig, möglichst viele Kunden und Partner persönlich zu treffen. Und so im Dialog zu sein. Nähe ist ein wichtiger Teil der Gira-DNA – das war immer schon so und wird auch so bleiben. Loyalität und Handschlagqualität sind mir in der Zusammenarbeit extrem wichtig, der Genussmensch kommt dann nach getaner Arbeit bei einem guten Essen und anschließend beim einen oder anderen Getränk durch – in diesem Sinn verstehe ich mich als Ur-Kärntner.

 

Sie stehen hierzulande an der Spitze einer der Qualitätsmarken der deutschen Elektronikindustrie. In Österreich hat Gira aber noch Potential nach oben. Welche Schritte kann man von Ihnen erwarten, um den Marktanteil von Gira Österreich auszubauen?

Mölzer: Österreich ist neben dem Heimmarkt Deutschland bereits einer der wichtigsten und erfolgreichsten Märkte von Gira mit einer kontinuierlich positiven Wachstumsentwicklung – und das in einem durchaus herausfordernden Marktumfeld mit global agierenden Konzernriesen. Als Familienunternehmen definiert sich Gira nicht rein über Marktanteilszahlen. Es hat gute Gründe, warum das Unternehmen 117 Jahre ohne Krise erfolgreich am Markt ist – Produktqualität, Designkompetenz, die Qualität in der Kundenbetreuung und etwa auch unsere Logistik- und Lieferperformance. Wir sind da sehr gut am Weg, ticken aber auch so, dass wir uns natürlich genau ansehen, wo wir noch besser werden können. Wir kommunizieren jetzt auch verstärkt Richtung Endverbraucher, daher ist es ein Mix, der Gira auch in Österreich noch erfolgreicher machen wird.

 

Gira war bisher am westösterreichischen Markt stärker als im Osten vertreten. Was wollen Sie tun, um eine positive Veränderung durchzuführen?

Mölzer: Von Salzburg aus, dem Sitz der Gira Austria GmbH, wurde der österreichische Markt zuerst beackert und aufgebaut, daher ist es historisch gesehen leicht nachvollziehbar, dass wir im Westen schneller gewachsen sind als in Ostösterreich. Ich sehe uns aber auch da auf einem guten Weg, wir wachsen in ganz Österreich und werden weitere Potenziale nutzen.

 

Der dreistufige Vertrieb hat seine Vor- und Nachteile. Gira ist bekannt dafür, diese Strategie zu leben – werden Sie weiterhin strikt daran festhalten?

Mölzer: Ein bisschen haben Sie die Antwort in der Frage bereits vorweggenommen: Gira ist bekannt dafür, die Strategie des dreistufigen Vertriebs zu leben. Dazu bekennen wir uns und das ist aus meiner Sicht auch genau der richtige Weg. Natürlich schauen wir uns an, wie und wo man in der Arbeitsteilung nachjustieren kann und damit da und dort auch optimieren. Wir sind von der Kraft unseres Partnernetzwerks felsenfest überzeugt.

 

Der Konsument gilt als treibende Kraft, wenn es darum geht, die »Smartifizierung« voranzutreiben.  Welche Konzepte will Gira im »Endkonsumenten-Segment« verfolgen?

Mölzer: Intelligente Technik im Gebäude – egal ob im Büro oder im Eigenheim – bringt mehr Wohnkomfort, Sicherheit und Kosteneffizienz, das spart dem Konsumenten bares Geld. Das ist eine zentrale Botschaft, die in die Köpfe muss. Auch Medien spielen da eine wichtige Rolle, oft wird, wenn man übers Smart Home spricht, lieber ein Datenschreckgespenst gezeichnet, als die faktenbasierten Vorteile erzählt. Wir haben im Vorjahr erstmals in der Fläche Richtung Endverbraucher im Rahmen einer großen Kampagne kommuniziert und gleichzeitig das Elektrohandwerk mitgenommen. Wir werden in Österreich noch näher an den Endverbraucher rangehen, damit unsere Premium-Produkte erlebbar werden. Da ist gerade viel in Bewegung.

 

Ein deutscher Mitbewerber hat vor kurzem einen Schauraum in Köln eröffnet, um die Möglichkeiten der Digitalisierung erlebbar zu machen – können Sie sich derartige Konzepte auch in Österreich vorstellen?

Mölzer: Gira setzt seit Jahren in einigen Ländern bereits darauf, Produkte und Technik in Showrooms erlebbar zu machen – die Erfahrungen etwa aus Spanien oder den Niederlanden bündeln wir und werden auch schon bald in Österreich ähnliche Konzepte umsetzen.

 

37 % oder 11.7 Gigatonnen der globalen CO2-Emissionen werden von Gebäuden verursacht. Welchen konkreten Beitrag liefert Gira, um die Emissionen zu senken und die Klimaziele zu erreichen?

Mölzer: Nachhaltigkeit ist ein Thema, mit dem sich Gira seit vielen Jahren beschäftigt und auch ganz konkret Maßnahmen umsetzt, wie man als Unternehmen noch umweltfreundlicher wirtschaften kann. Dabei hat man immer das »big picture« im Blickfeld und nicht einzelne, vielleicht nur öffentlichkeitswirksame und punktuelle Geschichten. Nehmen wir den neuen Produktionsstandort in Radevormwald: Der ist ein Musterbeispiel für nachhaltige, moderne Gebäudetechnik, Energieeffizienz und Gebäudeökonomie. Oder die Produktions- und Lieferlogistik von Gira mit kurzen Transportwegen, weil wir in Deutschland produzieren. Da passiert richtig viel, das auf den ersten Blick gar nicht ersichtlich ist. Dass unsere Produkte und der Einsatz intelligenter Gebäudetechnik einen enormen Beitrag für mehr Energieeffizienz leisten, ist nicht nur unbestritten, die Bedeutung und das Bewusstsein werden in den nächsten Jahren weiter stark steigen.

 

Lösungen müssen konsumentenfreundlich gestaltet werden – das ist mittlerweile kein Geheimnis mehr. Aber wie gelingt es, den Konsumenten vor Augen zu führen, dass nur eine Verschmelzung aller Gewerke – im Speziellen die Elektrotechnik und Heiztechnik – zu einer sinnvollen Lösung im Sinne der Energiewende führen kann?

Mölzer: Dieses Thema und diese Herausforderung sind mir aus meiner letzten Tätigkeit im Bereich erneuerbare Energien bestens bekannt. Das Thema ist: Energiekonzept – und dazu bedarf es einer gesamtheitlichen Betrachtung aller Energieverbraucher und -erzeuger im Haushalt. Damit einher gehen unweigerlich die Synergie und das Zusammenspiel der Elektrotechnik und des jeweiligen Heizungssystems. Nur durch ein optimiertes Zusammenspiel ist eine Energieoptimierung für den Endverbraucher möglich. Jetzt, wo das Thema Klimakrise omnipräsent ist, sind auch die Ohren offener. Und es gibt sehr viele Menschen, die sich ganz bewusst damit auseinandersetzen, wie man persönlich im eigenen Umfeld einen Beitrag zum Umweltschutz leisten kann – mit intelligenter Gebäudetechnik bietet Gira zudem Lösungen, die sehr konsumentenfreundlich sind. Dirk Giersiepen hat einmal gesagt: „Bei Gira streben wir an, dass die Gira-Technik unsere Kunden versteht und nicht unsere Kunden unsere Technik verstehen müssen.“ Das beschreibt nicht nur gut, was wir tun, das gelingt uns auch sehr gut.

 

Experten sagen: Der Anteil softwaregetriebener Lösungen wird künftig einen höheren Stellenwert haben als heute – welche Auswirkungen wird das auf Gira haben? Und welche wird es auf Elektriker haben?

Mölzer: Ich meine, wir befinden uns da schon mittendrin in einem Veränderungsprozess. In Österreich neigt man oft dazu, Veränderung zuerst mal negativ zu sehen. Und vergisst dann gerne auf die Vorteile, den Nutzen, Komfort, die Sicherheit – all das bringt ja vor allem intelligente Technik. Mit neuen Entwicklungen entwickeln sich auch Anforderungen oder Aufgabenbereiche – auch im Elektrohandwerk. Wir begleiten ElektrikerInnen zum Beispiel mit einem umfangreichen Weiterbildungsangebot und kostenlosen Webinaren.

 

Welchen Stellenwert räumen Sie KNX im Vergleich zu eNet ein – welche Strategie wird Gira diesbezüglich in Österreich fahren?

Mölzer: Wenn du heute zukunftsfit bauen willst, führt aus meiner Sicht kein Weg an KNX vorbei. Die Vielfalt der herstellerübergreifenden Anwendungsmöglichkeiten, Systemoffenheit und Kompatibilität sind die besten Argumente dafür. Österreich ist beim Thema Smart Home noch nicht da, wo es sein könnte. Allerdings bin ich davon überzeugt, dass sich in den nächsten Jahren sehr viel tun wird.

 

Wie ist Gira aktuell in Österreich aufgestellt – wie viele Mitarbeiter in welchen Bereichen beschäftigen Sie aktuell?

Mölzer: Mit den drei Vertriebseinheiten Vertriebsaußendienst, Vertriebsingenieure und Key Account Management agiert Gira Austria von der Niederlassung in Salzburg aus in Österreich und Nord-Italien. Wir sind so in der Lage, die gesamte Projektentscheidungskette optimal abzudecken. Zwei Positionen im Vertriebsaußendienst und eine Position im Key Account Management besetzen wir gerade neu, dann sind wir bei Gira Österreich dreizehn Kollegen.

 

Nach den letzten beiden Jahren der Pandemie sind viele Veranstaltungen abgesagt worden. In den kommenden Monaten scheint man alles, was man bisher versäumt hat, nachholen zu wollen. Werden Sie auf allen Veranstaltungen der Großhändler und auf den Power-Days vertreten sein?

Mölzer: Die letzten Jahre waren sicherlich in allen Bereichen sehr herausfordernd. Wir freuen uns wieder auf mehr Präsenz, den direkten persönlichen Kontakt in der Branche. Alle schätzen es, sich wieder persönlich treffen zu können. Einer unserer nächsten Meilensteine ist natürlich auch die Light & Building in Frankfurt Anfang Oktober, beim Power-Circle in Salzburg waren wir als Besucher vertreten.

 

Abschließend noch die beinahe obligatorische Frage nach den Lieferketten: Welche Auswirkungen hat es, wenn Elektronikbauteile, die vor einem Jahr noch 80 Cent gekostet haben, heute 80 Dollar am Spotmarkt kosten?

Mölzer: Die aktuellen Entwicklungen stellen alle Unternehmen aller Branchen vor gewaltige Herausforderungen. Gira setzt seit jeher auf langfristige und strategische Partnerschaften, auch auf der Beschaffungsseite. Deshalb sind wir kaum am Spotmarkt unterwegs und verlassen uns auf unsere langjährigen Lieferanten. Aber natürlich sind auch wir nicht entkoppelt von den weltwirtschaftlichen Entwicklungen, Engpässen und Preisentwicklungen. Wir versichern allerdings, so viel als möglich abzufedern oder durch Effizienzsteigerungen zu kompensieren. Aber das ist natürlich nicht immer zu 100 % möglich.

 

Herr Mölzer, vielen Dank für das Gespräch!


Weitere Informationen auf: www.gira.at

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