Testen – Testen – Testen …

Keine Sorge, es geht sicher nicht um COVID-19!

von Siawasch Aeenechi
Foto: © pixabay

Vielmehr widme ich diese ICT-Kolumne den viel zu wenig beachteten Tests und Testphasen vor Inbetriebsetzung respektive Inbetriebnahme von Systemen und Clients. Die Unterscheidung zwischen Inbetriebsetzung (vereinfacht: erstmaliges Einschalten) und Inbetriebnahme (kurz und bündig: den Betrieb [oder Probebetrieb] aufnehmen) leitet sich aus der Maschinenrichtlinie ab. In den Planungs- und Projektbesprechungen und Dokumenten sollte dieser Unterscheidung durchgängig Rechnung getragen werden. Es würde vieles vereinfachen.

Aus dem Bereich der Software-Entwicklung sind Testprocedere bestens bekannt und etabliert. Nunmehr kommt in den letzten Jahren im Zuge der Umsetzung der EN 50173-6 Informationstechnik – Anwendungsneutrale Kommunikationskabelanlagen – Teil 6: Verteilte Gebäudedienste – IoT / Internet of Things auch im Bereich Hardware bei einzelnen Clients aber auch besonders bei Gewerke übergreifenden Systemen den Einzel- und System-Tests und -Testphasen als Funktions- und als Abnahmetests nochmals vermehrt Bedeutung zu.

Spätestens mit Beginn der Planungsarbeiten ist ein entsprechendes Lasten- und Pflichtenheft zu erstellen. Das Lastenheft beschreibt dabei die Anforderungen des Auftraggebers an den Auftragnehmer (Lieferanten, Systemintegrator, Entwickler usw.). Während das Pflichtenheft sämtliche vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen und Parameter der zu liefernden Komponenten und/oder Systemen und zur bestmöglichen Herstellung des betriebsbereiten Zustandes nötigen Zwischenphasen auszuweisen hat.

Diese Zwischenphasen oder Kapitel können z. B. einen etwaigen Transport vom Hersteller zur Betriebsanlage inkl. Aufbau, Montage und Implementierung in übergeordnete Produktionsanlagen und -Systeme beinhalten. Ebenso wie die Anpassung und das Anschließen an bestehende oder neu errichtete Infrastruktur wie Zuleitungen, spezielle Fördertechniken oder Anschlusspunkte für Energie und sonstiger Betriebsmittel (Gas, Wasser, Druckluft usw.) entsprechend definiert, geplant und umgesetzt werden müssen. Zur Projektgesamtbetrachtung müssen die einzelnen Gewerke ihre speziellen Testanforderungen, -umgebungen, -parameter und -zyklen in sogenannten Testkonzepten erfassen und aussagekräftig beschreiben. Des Weiteren sind entsprechende Test- und Prüfberichte zu erstellen oder beizubringen, welche dann im Testfalle als Leitfaden und Abnahmerichtlinie fungieren.

Tests hierzu sind (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) beispielsweise hinsichtlich Druckfeste, Dichtheit, Durchflussmengen, Funktions- und Sicherheitseinrichtungen wie Not-Aus/Not-Halt u. dgl. zu beschreiben, zu fixieren und im Zuge der IBS entsprechend umzusetzen und zu protokollieren. Tests über einzelne Funktionen und Aggregate, Prüfen von technischen Vorgaben, Kennwerten, Leistungsdaten usw. dienen dem Nachweis der Betriebsfähigkeit und der auftragsbezogenen Erfüllung der beauftragten Leistungen.

Besonderes Augenmerk ist bei gewerkeübergreifenden Testungen neben sogenannten kontrollierten Blackout-Tests (Verhalten von Komponenten, Anlagen und Systemen im Falle einer kompletten Stromabschaltung/eines totalen Stromausfalles) auch auf das Einbinden in IT-Systeme und übergeordnete Steuerungen/Überwachungen, ggf. auch SW-Anpassungen an innerbetriebliche Sicherheitssysteme, z. B. spezifische Lockout-Tagout-Systeme des Betreibers, zu legen. Fast jede Anlage, jedes Produktions-/Fertigungs-System oder Gewerke der TGA (Technischen Gebäudeausrüstung) hat bereits die technische Möglichkeit und Voraussetzung auf REMOTE-Zugriff.

Auch wenn das entsprechende Gewerk als proprietäres System seine eigene ICT-Infrastruktur an Switches und Servern aufbaut, so bedarf es doch einer (redundanten) ICT-Schnittstelle, um Firewall-gesichert über den Provider ins Internet und damit »nach Hause« in die jeweilige Zentrale oder Service- und Wartungsabteilung kommunizieren zu können und zu dürfen. Diese VDOMs müssen ebenso angelegt und entsprechend den Sicherheitsparametern getestet werden.

Selbstverständlich werden beim Probelauf und finalen Anfahren einer gesamten Anlage die entsprechenden Feintunings in Form von Einstellen, Justieren, Kalibrieren der Komponenten und Betriebsparameter nochmals hinsichtlich der getesteten Beobachtungen und Erkenntnisse mit dem Lasten- und Pflichtenheft und dem in Summe daraus abgeleiteten Testkonzept abgeglichen.

Fallen etwaige Mängel auf, so werden diese klassifiziert. Mängelklassen können sein: einerseits behebbare Mängel wie unwesentlicher Mangel, leichter Mangel, schwerer Mangel, kritischer Mangel, andererseits nichtbehebbarer Mangel. Wobei, käme es zu einem nichtbehebbaren Mangel, so hätte wohl die projektbegleitende Kontrolle auf der ganzen Linie versagt und keinerlei Zwischenkontrollen hinsichtlich Qualität der Produkte und Leistungen durchgeführt. Behebbare Mängel sind in der dafür festzusetzenden Nachfrist abzuarbeiten und mittels erneutem Test dem Auftraggeber die Umsetzung und volle Funktionalität nachzuweisen. Für nichtbehebbare Mängel sind entsprechende massive Ersatzvornahmen sowie Haftungsschritte seitens des Auftraggebers gegenüber dem Auftragnehmer einzuleiten.

Im Core-Bereich der ICT-Infrastruktur ist zuallererst die strukturierte Datenverkabelung in Kupfer und Fiber Optic zu messen und mittels Messprotokollen aus der entsprechenden Feldtester-Auswertesoftware die normkonforme beauftragte Übertragungsklasse nachzuweisen. Switch-, Server- und Firewall-Konfigurationen sind mittels Monitoring-Protokollen zu überprüfen. Treten Fehler auf, so steht entsprechendes Equipment zur Verfügung, den Fehlern auf den tieferen Grund zu gehen: Netzwerkanalysatoren, BERT (Bit Error Rate Tester), Observer Tools, WLAN-Messer (z. B. »Ekahau«),  und die Fachkompetenz der jeweiligen Systemengineers.

Wie immer freue ich mich auf Ihr Feedback, Ihren Input und stehe für Fragen sowie Details jederzeit sehr gerne zur Verfügung – zwischenzeitlich bitte xund bleiben oder rasch werden!

Herzlich, Ihre

Rudolfine Zachbauer-Zick ist 2000 aktiv in Planung und Lösung (Projektleitung) von kundenspezifische Anforderung an passive und aktive LAN-Infrastruktur

Rudolfine Zachbauer-Zick
techART e.U.
Hetzendorfer Straße 103/2/19, 1120  Wien
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