Von Corona-Tief bis Erholungseffekt: Wie war die Stimmung Österreichs 2021 in Bezug auf erneuerbare Energie?

Photovoltaik auf dem Vormarsch?

von Sandra Eisner
von Jasmin Fürbach BA.BA. Foto: © pixabay

Das Stimmungsbarometer verrät: Es herrscht Handlungsbedarf in Sachen »erneuerbare Energie«.

Dr. Nina Hampl, Mag. Gerhard Marterbauer und Michael Strebl verrieten vor dem i-Magazin-Mikro, wie Österreichs Bevölkerung derzeit über Photovoltaik, nachhaltige Mobilität und die Klimakrise denkt. Die Ergebnisse zeigen: Nach dem Einbruch im Jahr 2020 gibt es einen klaren Erholungseffekt in Bezug auf die Einstellung Österreichs zu Photovoltaik, Wind- und Kleinwasserkraft.

Nina Hampl arbeitet am Institut für Produktions-, Energie- und Umweltmanagement und ist Expertin für nachhaltiges Energiemanagement. Sie erklärt die Funktion des Stimmungsbarometers: Zu erfragen, wie Österreich zu erneuerbarer Energie steht. Seit 2015 wird jährlich eine Studienreihe erhoben, die, mit einer Stichprobe von 1.000 Befragten zwischen 18 und 70 Jahren, als Stimmungsbarometer einen Überblick über die Einstellung der österreichischen Bevölkerung zu erneuerbarer Energie gibt. Im Herbst 2021 stehen 18 % aller Befragten dem Erwerb einer Photovoltaik-Anlage positiv gegenüber. Dieser Wert ist seit 2016 (13 %) deutlich angewachsen. Das Stimmungsbarometer zeigt auch, dass die Hälfte der Befragten sich vorstellen kann, innerhalb der nächsten 5 Jahre eine Photovoltaik zu erwerben. Dagegen sind nur 9 % bereit, diesen Schritt schon im nächsten Jahr zu gehen. Oftmals hängt dieses Zögern damit zusammen, dass der Zeitraum für viele Menschen zu knapp ist, um sich über die Anlage zu informieren, die Anlage anzuschaffen und zu installieren. Ein Zeitraum von 2–5 Jahren wirkt auf viele weitaus realistischer. Wie Nina Hampl erklärt, hat sich der Zeitraum der Umsetzung seit 2016 deutlich verkürzt. So hat sich die Bereitschaft der Befragten, innerhalb der nächsten 2 Jahre eine Photovoltaik zu erwerben, von 24 % auf 32 % und damit um 8 Prozentpunkte erhöht. Nina Hampl spricht zuversichtlich von einem Anstieg auf 72 % aller Befragten, die die Installation einer Photovoltaik auf Frei- und Dachflächen begrüßen. Sie betont, dass ein Großteil der Befragten erneuerbare Energie als einen der wichtigsten Schritte in Richtung der Klimaneutralität sieht und bereit ist, einen persönlichen Beitrag zu diesem Ziel zu leisten.

Unsicherheit bei der Wärmeversorgung

Der Wechsel zu erneuerbarer Energie schreitet bei der Wärmeversorgung deutlich weniger gut voran. Das Stimmungsbarometer zeigt nur einen geringen Anstieg an Interesse bei alternativen Wärmetechnologien und kaum Rückgang bei Heizöl. Wie aktuell diese Daten in Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg sind, ist nicht abzuschätzen. Fest steht: Im Vergleich zu 2020 trafen weniger Eigenheimbesitzer die Entscheidung, auf erneuerbare Wärmeversorgung umzusteigen. Fernwärme und Erdgas sind dagegen bei den Befragten immer noch sehr beliebt. Der Beständigkeit von Erdgasheizungen, die ein Viertel aller installierten Heizungen ausmachen, entgegenzuwirken, sieht Nina Hampl als eine besonders große Herausforderung.

Bürgerbeteiligung als Energiegemeinschaft?

Michael Strebl, der Geschäftsführer der Wien Energie GmbH, spricht in Bezug auf Energiegemeinschaften und Bürgerbeteiligung von wachsendem Interesse und großem Engagement. 2021 bekundeten rund 28 % der Befragten ihre Bereitschaft, sich an einem Bürgerbeteiligungsprojekt zu beteiligen. 2017 lag dieser Prozentsatz noch bei 19 %. Zusätzlich geben zwei Drittel der Befragten an, sie könnten sich vorstellen, Teil einer Energiegemeinschaft zu werden und damit gemeinsam Strom oder Wärme zu erzeugen und zu verkaufen. Jeder fünfte Befragte wäre sogar bereit, für die Gründung einer Energiegemeinschaft verantwortlich zu sein.

Problemkind Elektromobilität

Den größten Rückschlag in Bezug auf Interesse musste die E-Mobilitätsbranche hinnehmen. Gerhard Marterbauer leitet die Industry Line Energy, Resources & Industrials sowie Sustainability. Er verrät: Im Gegensatz zu 54 % im Vorjahr waren 2021 nur noch 43 % der Befragten am Kauf eines E-Autos interessiert. Die Wahrscheinlichkeit, Österreichs Klimaziele bis 2040 zu erreichen, rückt mit diesem Prozentsatz in weite Ferne. Es gibt jedoch Hoffnung. Zumindest stimmt rund die Hälfte der Befragten einem Gas- und Ölheizungsverbot zu und ein Drittel wünscht sich ein Zulassungsverbot für Verbrenner bis 2030. Die Hälfte der Befragten sieht außerdem großes Potential in der Verlagerung des Personenverkehrs auf öffentliche Verkehrsmittel. 60 % erachten das Klimaticket als eine geeignete Maßnahme dafür. Dazu kommen 67 % der Befragten, die sich eine Umstellung der Automobilbranche auf Wasserstoffantriebe wünschen. Damit ist die Unterstützung für diesen Antrieb in der Bevölkerung seit dem Vorjahr um 7 Prozentpunkte gestiegen.

Fazit: Es herrscht weiter Handlungsbedarf

Das Corona-Tief, das einen Interessenseinbruch der Bevölkerung an erneuerbarer Energie und der Klimakrise zeigte, konnte 2021 durch einen Erholungseffekt etwas ausgeglichen werden. Nina Hampl, Gerhard Marterbauer und Michael Strebl sehen in dem anhaltenden Bewusstsein der Befragten für die Wichtigkeit der Thematik ein hohes Potential, der Klimakrise zu begegnen. Angefangen bei mehr und besser zugänglicher Information über nachhaltige Mobilität bis zu einer Anpassung der Preise für E-Autos sind noch einige Maßnahmen zu setzen, um die Bevölkerung noch stärker für erneuerbare Energie zu begeistern. Im Kontext des Ukraine-Kriegs stieg außerdem das Interesse an alternativer Wärmeversorgung. Möglicherweise führt dieser schwarze Moment der europäischen Geschichte dazu, dass sich mehr Menschen von Gas und Öl als primäre Wärmeversorgung abwenden. Um das für 2040 gesetzte Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, herrscht in jedem Fall noch Handlungsbedarf.

Weitere Informationen auf www.deloitte.com

Quelle: Deloitte

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