15. Österreichische Photovoltaik-Tagung in Wien:

Photovoltaik in der Gebäudehülle

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Bereits zum 15. Mal wurde heuer die Österreichische Photovoltaik-Tagung veranstaltet. Im Tech Gate Vienna lud die Österreichische Technologieplattform Photovoltaik (TPPV) zum jährlichen Treffpunkt der heimischen Photovoltaikwirtschaft und -forschung. Die Schweiz war das Partnerland und so stellten die Eidgenossen in ihren Vorträgen immer wieder den Bezug zu Entwicklungen in unserem Nachbarland her. Ein reger Austausch mit vielen Impulsen…

Erstens müssen Energieforschung und -innovation ins Zentrum der Lösung von gesellschaftlichen Herausforderungen gerückt werden und zweitens muss Österreich als Technologieführer in energierelevanten Bereichen international etabliert werden“, forderte Ing. Michael Hübner vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie gleich zu Beginn in seiner Begrüßungsrede. Es sei wichtig, die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Betriebe zu stärken. „Die Photovoltaik wird ein wesentlicher Faktor in der Gestaltung des zukünftigen Energiesystems sein“, ist er sicher. Aufgrund einiger Ähnlichkeiten in Bezug auf die Stromversorgung der beiden Länder, wie etwa die Nutzung der Wasserkraft zu 60 %, war der Austausch mit der Schweiz ein Eckpfeiler der diesjährigen Tagung. „Die Pariser Klimakonvention ist in Kraft getreten und Österreich und die Schweiz haben sich zur Umsetzung verpflichtet. Das Ziel ist maximal 2 Grad Erwärmung, also Decarbonisierung bis Mitte des Jahrhunderts“, erklärte David Stickelberger, Geschäftsleiter von Swissolar, dem Fachverband für Sonnenenergie in der Schweiz, in seiner Keynote, bevor er in einer groben Überschlagsrechnung zeigte, wie die Zielerreichung in der Schweiz aussehen könnte. „Wenn man das ausrechnet, dann kommt man auf 32 Terawatt-Stunden, die von der Photovoltaik produziert werden sollen.“ Laut einer Potenzialstudie von Meteotest existiert ein nachhaltiges Potenzial von 30,2 Terawatt-Stunden auf Fassaden und Dächern. Dabei wurde zuerst das gesellschaftliche Potenzial berechnet und anschließend alles, was unwirtschaftlich ist, gestrichen. „Das ist fast das, was wir brauchen, um meine Milchbuben-Rechnung erfüllen zu können. Wenn man da noch weitergeht, wären sogar 50 Terawatt-Stunden möglich. Diese Potenziale werden von der offiziellen Politik bei weitem nicht erkannt.“ Auch Tagungsleiter Dipl.-Ing. Hubert Fechner wunderte sich anschließend kopfschüttelnd: „Das Phänomen, dass die Photovoltaik immer noch unterschätzt wird, haben wir seit etwa 10 Jahren. Es ist unglaublich, dass man da offenbar aus 10 Jahren Erfahrung noch immer nichts lernt.“

Heinstein

Patrick Heinstein nahm sich den »Impuls«-Vortrag zu Herzen. In einer überzeugenden Ansprache zeigte er andere Sichtweisen auf und konnte mit Witz zum Nachdenken anregen. (Copyright: MA-20A-Kromus)

Optik versus Wirtschaftlichkeit

Beim Begriff Photovoltaik denken viele Menschen immer noch an Meere von Solarmodulen auf den Dächern, die Gebäude geradezu entstellen. Um dem entgegenzuwirken, wurde der Schwerpunkt auf gebäudeintegrierte Photovoltaik (BIPV) gelegt und in einer Reihe von Vorträgen gezeigt, wie man Photovoltaik und Architektur in Einklang bringt. „Als Historiker blicke ich natürlich gerne zurück, um aus der Vergangenheit zu lernen. Angesichts 30 Jahren PV-Installation bekommt der Designer in mir dabei nicht selten Magenschmerzen“, kritisierte Produktdesigner und Bauhistoriker Patrick Heinstein vom CSEM die Vorgehensweise der Vergangenheit und hinterfragte den Ist-Zustand der Branche. „Die gebäudeintegrierte Photovoltaik gibt uns seit langer Zeit gute Möglichkeiten einer architektonischen Einbindung. Ungeachtet der rund 100 Unternehmen, die allein in Europa etwa 114 BIPV-Produkte anbieten, geht es in der Branche damit nur zögerlich voran. Der gute alte Solarziegel ist mit einem Anteil von 24 % immer noch führend unter den integrierbaren Dachsystemen – angesichts der vielen Steckverbindungen und der daraus resultierenden Störanfälligkeit, mag das verwundern!“ Hielte man daneben im Standard PV-Bereich am schwarzen Modul fest, bestimmen irgendwann schwarze Gebäude unser Ortsbild – eine etwas triste Vorstellung. Deshalb operiert das CSEM auch mit weißen Modulen, die mit einer speziellen Folie laminiert werden. Diese Folie lässt das infrarote Spektrum auf die Zelle hindurch und das sichtbare weiße Licht wird reflektiert, sodass letztendlich ein rein weißes Solarmodul entsteht, unter dem die schwarzen Zellen verborgen liegen. „Natürlich verzeichnen wir hier einen Wirkungsgradverlust. Das ist nicht zu vermeiden, so sind die physikalischen Gesetze. Aber Sie können auf diesem Wege endlich weiße Solararchitektur realisieren“, gibt Heinstein zu bedenken. Es sei eben nicht nur der Wirkungsgrad eine wichtige Komponente, auch die Optik ist ein Element, das nicht zu vernachlässigen sei. „Man kann nicht nicht gestalten“, bringt DI Dr. Michael Grobbauer, Fachbereichsleiter Intelligente Gebäudehüllen an der FH Salzburg, die Problematik auf den Punkt. Ein großes Problem ist, dass Ziegelfarbe und Schwarz einen relativ großen Kontrast bilden und etwas darstellen, was mit der ursprünglichen Ästhetik des Gebäudes nichts mehr zu tun hat. Aus diesem Grund stellt sich die Denkmalbehörde in Sachen Photovoltaik oftmals quer. Hochgerechnet auf ein Land der Größe Österreichs wären vom Veto der Behörde einige 10.000 Gebäude betroffen, die laut Heinstein aus denkmalrechtlichen Gründen nicht bestückt werden dürfen.

Fechner PV-Tagung

Hubert Fechner, Obmann der Österreichischen Technologieplattform Photovoltaik (TPPV), führte als Tagungsleiter durch die Veranstaltung. (Copyright: MA-20A-Kromus)

Wirkungsgradverlust, aber…

Gebäudeintegrierte Photovoltaik (BIPV) bietet hier ungeahnte Möglichkeiten. „Wir können noch weiter gehen. Wir könnten eine Kunst-Ausstellung mit Photovoltaik bestreiten. Das klingt vielleicht ein bisschen crazy und schräg, ist aber längst Realität. In unserem Labor wurde Fotokunst auf große Spezialfolien gedruckt, ähnlich wie ein riesiges Dia, diese auf die weißen Module appliziert und anschließend im Laminator zusammengebacken. Das Ergebnis sind großformatige, künstlerische Porträtfotografien, angebracht an der ehrwürdigen Fassade der Neuenburger Kantonalbank in der Schweiz. Das mag als Gadget belächelt werden, zumal nur 8 % Wirkungsgrad erzielt wird und nicht 20 %. Aber 8 % von einem Kunstwerk erzeugt, ist deutlich mehr als nichts!“ Die Gestaltung ist aber ebenfalls eine Planungsleistung und bedeutet bei der gebäudeintegrierten Photovoltaik einen entsprechenden Mehraufwand, was sich in den Kosten niederschlägt, wie auch Claudia Hemmerle, Fachbereichsleiterin Energietechnik an der FH Salzburg, weiß. „Die Standard-Photovoltaik hat ja durchaus eine beachtliche Lernkurve vorgelegt, was nicht nur die Produktkosten anbelangt, sondern auch die Planungs- und Ausführungskosten. Diese Lernkurve steht der Gebäudeintegration noch bevor.“ Wenn man allerdings an die Lebensdauer von PV-Anlagen denkt, die bei ungefähr 25 Jahren liegt, dann ist es fraglich, ob wirklich nur die Kosten der Gebäudeintegration eine Lernkurve hinlegen müssen oder nicht vielleicht auch das Bewusstsein der breiten Masse. Heinstein glaubt nicht, dass allein Messepräsenzen, PV-Kongresse und realisierte »Leuchtturm-Projekte« für die PV-Wirtschaft im Premiumsegment BIPV ausreichen, um langfristig entsprechende Verkaufszahlen zu generieren und nimmt für die Zukunft auch das Marketing in die Pflicht. „Im BIPV-Bereich befinden wir uns marketingmäßig tatsächlich in der Steinzeit, es scheint kaum ein Budget hierfür vorgesehen zu sein. Ich plädiere daher für intelligente, kostengünstige Marketing- und Kommunikationsstrategien, welche die alles überstrahlende Kosten-Nutzen-Debatte und Engineering Perspektive etwas aufbrechen und einen neuen Blick auf die Produkte gestatten. Der Verkauf mit dem Taschenrechner in der Hand wird für die stets etwas höherpreisigen BIPV-Produkte nicht ausreichen. Für neue Kaufanreize müsste beispielsweise eine emotionale Brücke in Richtung begehrenswertem Lifestyle-Produkt geschlagen werden. Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens könnten als reale Abnehmer gewonnen werden. Nicht als vertragsmäßig gebundene, künstlich stilisierte Werbefiguren, sondern als authentische Vorbilder.“ Durch diese prominenten Multiplikatoren käme es dann zu den soziologisch sehr gut dokumentierten Nachahmungseffekten in weiteren Gesellschaftskreisen. „Allein mit dem moralischen Zeigefinger des ökologischen Weltenretters, allein mit Verweis auf Preis pro Watt Peak und ermüdenden Diskussionen um Effizienzsteigerungen wird sich im Bereich BIPV zu wenig bewegen“, so Heinstein. Das Thema müsse endlich mitten in der Gesellschaft ankommen, sozusagen raus aus der Premium-Nische, hin zum Statussymbol. „Kennen Sie im Übrigen jemanden, der seinen PKW der Premiumklasse nach der bloßen Effizienz des Verbrennungsmotors erworben hat oder seine neue Premiumküche nach dem Wirkungsgrad der Gasflamme? Diese technischen Aspekte sind vielmehr eine unabdingbare Voraussetzung für den Erwerb, aber nicht kaufentscheidend: es sind vielmehr Komfort, Design und Lifestyle.“

www.pvaustria.at/pv-tagung

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