Kurzinterview mit Fernando Colás, CEO, Omron Europe:

„Soziale Probleme durch Automatisierung lösen“

von Jasmin Fuerbach
Foto: © Omron i-Automation

In einem Kurzinterview mit Fernando Colás, CEO von Omron Europe, werden die wichtigsten Fragen für Führungskräfte in der Fertigungsindustrie beantwortet. Unter anderem wird beleuchtet, wie Unterbrechung von Lieferketten vorgebeugt werden kann, was die wichtigsten Trends der industriellen Automatisierung sind und wie Automatisierung Menschen ersetzen wird.

Was unternimmt Omron gegen Lieferkettenengpässe und -störungen?

Probleme in der Lieferkette waren in den letzten 18 Monaten immer wieder ein Thema, und wir haben eine
Reihe von Maßnahmen ergriffen, um unsere Kunden zu schützen, indem wir unser Unternehmen, unsere
Lösungen und unsere Lieferketten widerstandsfähiger gemacht haben. So haben wir beispielsweise über
1.000 Produkte umgestaltet, um sie hinsichtlich der Komponenten universell kompatibel zu machen. Das war
ein gewaltiges Unterfangen, aber es ermöglicht es, Komponenten bei Engpässen einfacher zu ersetzen.
Außerdem haben wir unsere Produktionsstandorte dezentralisiert, um flexibler und reaktionsfähiger zu sein.

Behindert die Inflation Investitionen in die Automatisierung?

Inflation geht immer einher mit Zinsanstiegen. Das bedeutet, dass es länger dauert, bis sich ein Projekt rentiert.
Wie wir derzeit beobachten können, steht die Inflation aber in der Regel in einem umgekehrten Verhältnis zur
Arbeitslosigkeit: Wenn die Inflation steigt, sinkt die Arbeitslosigkeit. Produzierende Unternehmen wollen vor
allem ihre Abläufe aufrechterhalten – und das trotz fortschreitenden Fachkräftemangels. Automatisierung kann
hier Abhilfe schaffen, und deshalb werden Investitionen in diesen Bereich nicht durch die Inflation
beeinträchtigt. Natürlich wird die Inflation dazu führen, dass die Kosten für Anlagen und Komponenten steigen.
Deshalb bieten wir Lösungen an, die Kostensteigerungen durch Wertschöpfung neutralisieren.

Verlieren Mitarbeiter durch Automatisierung ihre Jobs?

Kurz gesagt: Nein! Als Roboter und Automatisierungslösungen erstmals Einzug in Produktionsstätten fanden,
wurde gemunkelt, dass Maschinen irgendwann menschliche Mitarbeiter ablösen würden. Investitionsprojekte
wurden auf Grundlage von Berechnungen genehmigt, die zeigten, wie viele Arbeiter sie ersetzen würden. Mit
fortschreitender Automatisierung haben sich aber auch die Ansätze zur Automatisierung weiterentwickelt. Seit
einigen Jahren geht es vermehrt um kollaborative Automatisierung. Innovationen zielen darauf ab, die
Zusammenarbeit von Menschen und Maschinen sicher zu gestalten, so dass Roboter alltägliche, sich
wiederholende Routineaufgaben übernehmen können. Heute, in Anbetracht des Fachkräftemangels, wäre es
einfach, Automatisierung lediglich als Strategie zum Ersatz von Menschen zu nutzen, aber das wäre eine
verpasste Chance. Unser Leitgedanke als Unternehmen war schon immer, soziale Probleme durch industrielle
Automatisierung zu lösen. In Übereinstimmung mit dieser Philosophie glauben wir, dass es sich lohnt, zu
einem harmonisierten Automatisierungsansatz überzugehen, um Fachkräftemangel und Co. kreativer und
innovativer zu lösen und auch umfassendere soziale Probleme anzugehen. Die Schaffung harmonischer und
stärkerer Beziehungen zwischen Menschen, Maschinen und Umwelt sollte unser Hauptziel bei der
Automatisierung sein. Es geht nicht darum, Menschen zu ersetzen, sondern sie zu unterstützen, um das Beste
in ihnen hervorzubringen.

Was sind für Sie die zentralen Trends der industriellen Automatisierung?

Wir sind im Moment Zeugen eines interessanten und weitreichenden Wandels in unserer Einstellung zur
Produktion. Vor einem Jahrzehnt war China die Produktionsstätte der Welt, der Massenkonsum war die
Hauptantriebskraft, und Rohstoffverbrauch und Umwelt wurde nur wenig Beachtung geschenkt. Heute lösen
wir uns peu à peu von dieser Denkweise und gehen zu einem „autonomen“ Ansatz über, bei dem
Nachhaltigkeit, die Entwicklung und das Wohlergehen des Einzelnen sowie Qualität vor Quantität im
Vordergrund stehen. Als Unternehmen passen wir unser eigenes Modell und die von uns angebotenen
Automatisierungslösungen an, um diesen Trend zu reflektieren. Harmonisierte Automatisierungslösungen, die
die Produktivität verbessern und gleichzeitig den CO2-Fußabdruck reduzieren, werden der Weg in die Zukunft
sein.

Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen für die verarbeitende Industrie in
Europa?

Als Unternehmen haben wir drei Makro-Themen identifiziert, die soziale und wirtschaftliche Auswirkungen
haben werden und Herausforderungen für alle Branchen darstellen: der Klimawandel, eine alternde
Bevölkerung und die Digitalisierung. Zusätzlich zum Fachkräftemangel stehen viele Menschen mit
jahrzehntelanger Erfahrung in Automatisierung und Produktion derzeit kurz vor der Rente, und es mangelt an
jüngeren Menschen mit den entsprechenden Fähigkeiten, die ihre Nachfolge antreten können. Angesichts der
alternden Bevölkerung müssen wir die Lebensarbeitszeit der Menschen verlängern und gleichzeitig ihre
Lebensqualität, ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden fördern. Zweitens ist es im Zuge des Übergangs zu
einer digitalen Gesellschaft von entscheidender Bedeutung, dass die Menschen nicht zurückbleiben – sei es
aufgrund wirtschaftlicher Ungleichheit oder aufgrund des Alters. Drittens wird die sich verschärfende
Klimakrise technologiegestützte nachhaltige Lösungen erfordern.

Wie wird Omron diese Herausforderungen angehen?

Im Rahmen unserer Vision und Strategie „Shaping the Future 2030“ werden wir unsere Technologien nutzen,
um verschiedenen Branchen zu helfen, den Fachkräftemangel anzugehen, die Produktivität zu steigern und
CO2-Neutralität zu erreichen. Ein Beispiel hierfür sind harmonisierte Automatisierungslösungen, die auf die
Unterstützung von Berufsanfängern ausgerichtet sind. Das könnten Tools sein, die Training und Weiterbildung
beschleunigen, oder High-Speed-Steuerungssysteme, die Mitarbeitern helfen, bessere Entscheidungen zu
treffen, ohne dass sie 20 Jahre Erfahrung in der Fertigung haben müssen. Letztendlich ist es unser Ziel, eine
effiziente Produktion zu schaffen, die sowohl mit der Umwelt harmoniert als auch die Mitarbeiterzufriedenheit
steigert. Die Beschleunigung datengesteuerter Abläufe durch Digitalisierung wird der Schlüssel zu dieser
Geschäftstransformation und zur Befähigung der Mitarbeiter sein.

Welche Technologien werden bei der Bewältigung dieser Herausforderungen eine Rolle spielen?

Neben den Kerntechnologien der Automatisierung wie Robotik, Steuerung, Sensorik und Bildverarbeitung
werden neue Technologien wie KI und 5G in unseren Lösungen künftig immer wichtiger werden. Wir haben
einen einzigartigen KI-Ansatz gewählt und in unsere Steuerungen eingebaut. Das hat den Vorteil, dass wir
sehr schnelle Entscheidungen für die Maschine treffen können, weil wir nicht viel Zeit mit Analyse und
Datentransfer verbringen müssen. Außerdem nutzen wir die 5G-Infrastruktur für den Betrieb unserer mobilen
Roboterflotte, was eine blitzschnelle Datenübertragung und -verarbeitung ermöglicht. Das Schöne an unserer
Plattform ist, dass sie alle Technologien, die die Automatisierung erleichtern, integriert und so konzipiert ist,
dass sich neue Technologien problemlos andocken lassen.

Weitere Informationen auf www.omron.com

Quelle: Omron

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