Wie Energiemessung den Wandel antreibt:

Janitza Energy Forum in Wien bringt Klarheit

von Thomas Buchbauer
von Thomas Buchbauer – Recherche, Konzept und Kuration Foto: © Janitza

Wenn sich Fachwissen, Regulatorik und Zukunftsvisionen auf einem Podium begegnen, entstehen neue Blickwinkel auf altbekannte Herausforderungen. Genau das war beim Janitza Energy Forum 2025 über den Dächern Wiens zu erleben. Rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Energietechnik, Planung, Facility-Management und Industrie diskutierten aktuelle Entwicklungen der Energiemessung, Energieeffizienz und Klimaberichterstattung – mit einem klaren Ziel: Lösungswege aufzeigen, die im Alltag funktionieren.

Zum Auftakt des Janitza Energy Forum 2025 betonte Wolfgang Peherstorfer, Niederlassungsleiter von Janitza Österreich, die zunehmende Komplexität moderner Energieinfrastrukturen: „Zahlreiche Unternehmen steuern ihre Energiekosten weiterhin auf Basis von Energierechnungsdaten, anstatt die tatsächlichen Verbraucher gezielt zu analysieren. Dadurch bleiben wertvolle Einspar- und Optimierungspotenziale ungenutzt – sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus ökologischer Sicht“, betont Peherstorfer..  Für ihn ist die Energiemessung längst nicht mehr bloß Nebensache, sondern ein zentrales Element der Unternehmenssteuerung – vergleichbar mit der Buchhaltung.

Wolfgang Peherstorfer

„Ohne Messung keine Steuerung“ – Wolfgang Peherstorfer, Niederlassungsleiter von Janitza Österreich, eröffnete das Forum mit einem Appell an die strategische Bedeutung der Energiemessung für Betriebe.

Er appellierte an das Fachpublikum, das Thema Energiemonitoring nicht länger als bloße Technikfrage zu sehen. Stattdessen müsse es als strategisches Werkzeug begriffen werden – zur Identifikation von Grundlasten und Vermeidung von Lastspitzen sowie als Grundlage für gezielte Investitionen in Effizienzmaßnahmen. Vor allem in produzierenden Betrieben schlummerten hier laut Peherstorfer „stillgelegte Reserven im zweistelligen Prozentbereich“.

Klimawandel sichtbar machen und Verantwortung ableiten

Durch das Programm führte ORF-Wettermoderator Andreas Jäger, bekannt für seine Expertise als „Klimajäger“. Mit eindrucksvollen Beispielen – etwa der Zunahme von Trockenperioden in Österreich – machte er deutlich, dass die Folgen der Klimakrise längst keine abstrakten Modelle mehr sind. Sein Plädoyer: „Wenn wir heute Daten sammeln, können wir morgen gezielt handeln.“ Dabei betonte Jäger die Rolle der Technik nicht als Selbstzweck, sondern als Ermöglichung: „Ohne verlässliche Daten können wir keine klimapolitischen Entscheidungen treffen – weder im Betrieb noch im politischen System.“ Gerade in der Elektro- und Gebäudetechnik sieht er enormes Potenzial, um Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit zu verbinden. Ein zentrales Thema war für ihn auch die Kommunikation: Fachwissen müsse einfacher transportiert und Entscheidungen für mehr Energieeffizienz besser begründet werden – intern wie extern.

Andreas Jäger

Zwischen Klimafakten und Kommunikation: Andreas Jäger moderierte das Forum und machte klar, warum datenbasierte Entscheidungen im Energiebereich überfällig sind. Foto: ©www.i-magazin.com

Nachhaltigkeitsberichterstattung ist gekommen, um zu bleiben

Einen tiefen Einblick in die aktuellen regulatorischen Anforderungen gab Josef Baumüller von der WU Wien. In seinem Vortrag analysierte er die Auswirkungen der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) und die EU-Taxonomie – und machte deutlich, dass hier ein struktureller Wandel im Gange ist. Nicht nur Großkonzerne, auch KMU müssten künftig Kennzahlen zu CO₂-Emissionen, Energieverbrauch und Umweltwirkungen vorlegen.

Besonders praxisrelevant: die Einbindung von Energiemesstechnik als Basis für eine prüfbare, belastbare Berichterstattung. „Sie brauchen keine tausend Seiten Berichte – aber belastbare Zahlen. Und die kommen nicht aus dem Bauchgefühl, sondern aus dem Messsystem“, so Baumüller. Wichtig sei vor allem, die Messstrategie an die Berichtspflichten anzupassen und dafür auch interne Prozesse neu zu denken.

Josef Baumüller

Einblick in die neue Nachhaltigkeitsregulatorik: Josef Baumüller erklärte, wie CSRD und EU-Taxonomie Energiemessung zur Pflicht machen – auch für KMU. Foto: ©www.i-magazin.com

Er warnte davor, auf regulatorische Erleichterungen wie die angekündigte „Omnibus-Verordnung“ zu vertrauen: „Diese Anforderungen sind kein vorübergehender Trend, sondern Ausdruck eines neuen Verständnisses von Unternehmensverantwortung.“

CO₂-Einsparung beginnt bei der Abschaltung

Wie konkret sich Energiemanagement im Betrieb umsetzen lässt, zeigte Konstantin Kulterer von der Österreichischen Energieagentur. Sein Fokus: Maßnahmen, die ohne große Investitionen umsetzbar sind – und dennoch spürbare Effekte bringen. Beispiele wie die automatisierte Wochenendabschaltung von Anlagen oder die Reduktion von Grundleistungen zeigen, wie mit wenig Aufwand viel erreicht werden kann.

Konstantin Kulterer

Vom Verbrauch zur Einsparung: Konstantin Kulterer zeigte, wie gezielte Abschaltprozesse und klare Klimaaktionspläne Energie und CO₂ einsparen können. Foto: ©www.i-magazin.com

Wesentlich sei laut Kulterer die Schaffung eines betrieblichen Klimaaktionsplans – samt Zieldefinition, Kennzahlensystem und Verantwortlichkeiten. „Nur wer die Energieflüsse kennt, kann gezielt eingreifen – und zwar nicht nur punktuell, sondern strategisch“, so Kulterer. Auch die Einbindung der Mitarbeitenden sei entscheidend: „Das beste System bringt nichts, wenn es nicht gelebt wird.“

Energieeffizienz braucht Technik und Haltung

Noch praxisnäher wurde es beim Vortrag von Gerhard Fuchs, Geschäftsführer von ECO7. Mit zahlreichen Praxisbeispielen – von überdimensionierten Pumpen bis zu fehlender Energierückgewinnung – zeigte er, wie Betriebe durch technische Optimierungen schnell Einsparungen erzielen können. Dabei kritisierte er die oft fehlende Langfristperspektive in der Investitionsplanung: „Energieeffizienz ist kein einmaliges Projekt, sondern ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess.“

Gerhard Fuchs

„Energieeffizienz beginnt im Maschinenraum“ – Gerhard Fuchs veranschaulichte anhand realer Projekte, wie falsch dimensionierte Systeme Energie verschwenden. Foto: ©www.i-magazin.com

Ein zentrales Thema seines Vortrags war auch die Rolle der Digitalisierung: Sensorik, Automatisierung und intelligente Auswertung seien heute nicht mehr „nice to have“, sondern essenziell für den wirtschaftlichen Betrieb. „Wer das nicht nutzt, lässt Geld am Tisch liegen – Monat für Monat.“

Energiezellen als Fundament der Energiewende

Zum Abschluss blickte Horst Wagner über den Tellerrand hinaus – und präsentierte ein visionäres Modell für die Energieversorgung von morgen. Im Zentrum stand das Konzept der „autonomen Energiezellen“: kleinräumige, vernetzte Systeme mit eigener Erzeugung, Speicherung (z.B. Wasserstoff) und smarter Steuerung.

Am Beispiel eines Projekts in Krems zeigte Wagner, dass solche Zellen heute bereits in der Praxis funktionieren – inklusive Versorgung von Gebäudeheizung, Warmwasser, Beleuchtung und E-Mobilität. Für ihn steht fest: „Je intelligenter wir steuern, desto weniger zentral müssen wir versorgen.“ Der Umbau des Energiesystems sei nicht nur technologisch möglich, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll – wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

Horst Wagner

Dezentral, vernetzt, unabhängig: Horst Wagner (2.v.r. gemeinsam mit den Kollegen auf der Bühne) präsentierte mit Energiezellen ein alternatives Modell für die Energieversorgung der Zukunft – und forderte ein neues Systemdenken. Foto: ©www.i-magazin.com

Technik trifft Verantwortung und eröffnet neue Chancen

Das Janitza Energy Forum 2025 war kein Event, das bloß bestehende Lösungen präsentiert. Es zeigte, dass nachhaltige Energieversorgung kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit ist – und dass Elektrotechniker, Planer und Betreiber dabei eine Schlüsselrolle einnehmen.

Energiemessung ist dabei nicht nur Technik, sondern Teil eines größeren Wandels – hin zu mehr Verantwortung, mehr Transparenz und mehr Effizienz. Wer heute misst, kann morgen besser entscheiden.

Ähnliche Artikel

Hinterlassen Sie einen Kommentar

* Zur Speicherung Ihres Namens und Ihrer E-Mailadresse klicken Sie bitte oben. Durch Absenden Ihres Kommentars stimmen Sie der möglichen Veröffentlichung zu.

Unseren Newsletter abonnieren - jetzt!

Neueste Nachrichten aus der Licht- und Elektrotechnik bestellen.