Fachmessen im DACH-Raum – die e-nnovation als Paradebeispiel:

Zeit für eine hybride Evolution?

von Thomas Buchbauer
Foto: © www.i-magazin.com

Salzburg, letzte Woche: Die e-nnovation brachte die Elektrobranche zusammen – ein gelungener Treffpunkt für Hersteller, Händler und Fachbesucher. Und doch bleibt eine Frage: Ist das klassische Messekonzept noch zeitgemäß? Oder braucht es dringend eine Anpassung an die veränderten Erwartungen von Handwerkern, Planern und Monteuren?

Das i-Magazin hat sich nach Aufforderung von Ausstellern Gedanken gemacht, Umfragen aus dem DACH-Raum analysiert und Konzeptideen für alle Altersgruppen, Positionen und Berufsgruppen einfließen lassen und auf Grund dessen Verbesserungsvorschläge ausgearbeitet – natürlich ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Betrachten Sie es als konstruktiven Vorschlag … Denn WIR behaupten nicht, „die Weisheit mit dem Löffel gfressen zu haben“.

Ein Erfolg mit Luft nach oben

Die Rückmeldungen zur e-nnovation waren überwiegend positiv, insbesondere aus Sicht der Aussteller. Fachmessen sind nach wie vor zentrale Plattformen für Innovationen, Produktneuheiten und den persönlichen Austausch.

Doch während mancher Stand gut besucht war, blieben an anderen Stellen Fragen offen:

  • Wer genau kam zur Messe? Waren es überwiegend Entscheidungsträger oder hätten Monteure, Installateure und Handwerker in größerer Zahl vertreten sein müssen?
  • Wie viele Besucher fanden tatsächlich aus eigenem Antrieb zur Messe – und wie viele wurden aktiv von Schulen oder Unternehmen entsandt?
  • Welche Erwartungen hatten die Besucher an das Event – und wurden sie erfüllt?
Hybride Formate als Antwort auf veränderte Erwartungen?

Die Erwartungen an Fachmessen haben sich verändert. Während früher die physische Präsenz alternativlos war, haben digitale Tools und hybride Konzepte an Bedeutung gewonnen.

Der Schlüssel zur erfolgreichen Messe der Zukunft liegt daher in einer sinnvollen Kombination aus analogem Erlebnis und digitaler Unterstützung.

✔ Präsenzmessen sollen das bieten, was digital nicht kann:

  • Netzwerken und persönlicher Austausch – das kann kein Webinar ersetzen.
  • Produkte live erleben – Materialien fühlen, Geräte testen, Anwendungen sehen.
  • Vertrauen aufbauen – Direkter Kontakt zu Herstellern und Experten ist unersetzlich.

✔ Digitale Formate sollten das ergänzen, was die Messe vor Ort nicht leisten kann:

  • Vorbereitung: Digitale Produktpräsentationen im Vorfeld helfen Besuchern, gezielt zu planen, welche Stände sie besuchen möchten.
  • Verlängerung: Nach der Messe können Inhalte weiterhin online abgerufen werden – Präsentationen, Vorträge und Produktinfos bleiben verfügbar. Das i-Magazin hat dafür an rund 60 Messeständen mit den Ausstellern vor laufender Kamera gesprochen – das Ergebnis folgt in Kürze auf dem i-Magazin-YouTube-Channel.
  • Nachbetreuung: Networking-Plattformen und digitale Kontaktmöglichkeiten sorgen für nachhaltige Geschäftsbeziehungen.
Verbesserungsvorschlag:

Webinar-Reihen und digitale Messeplattformen im Vorfeld anbieten, um Interessierte gezielt auf die Veranstaltung vorzubereiten.

Junge Generation: Ist das Messeformat noch attraktiv genug?

Die e-nnovation konnte Berufsschüler und HTL-Schüler auf das Messegelände bringen – ein wichtiger Schritt, um den Nachwuchs mit der Branche in Kontakt zu bringen. Doch es wäre vermessen zu glauben, dass diese Besuchergruppe von selbst den Weg zur Messe findet.

Die junge Generation ist digital geprägt. Studien zeigen:

  • 55 % der 18- bis 29-Jährigen halten virtuelle Messen für die sinnvollste Alternative.
  • 43 % sehen Online-Plattformen als effektive Lead-Generierungsmöglichkeit.

Messen sind also nicht überflüssig – aber sie müssen sich anpassen.

Verbesserungsvorschlag:

Digitale Events als Ergänzung etablieren, z. B. virtuelle „Open Days“ für Schüler und Lehrlinge, die in die Messe eingebunden sind.

Statt nur „klassische Messetage“ zu haben, könnte man hybride Eventformate testen:

  • Live-Streams von Keynotes und Produktpräsentationen für jene, die nicht vor Ort sein können.
  • Interaktive Online-Workshops für Nachwuchskräfte, die sich gezielt mit neuen Technologien beschäftigen wollen.
  • Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR), um Produkte digital erlebbar zu machen.

Die Messen von morgen müssen auch dort stattfinden, wo sich die jüngere Generation aufhält: YouTube, TikTok digitale Fachforen und LinkedIn – Letzteres aber nur bedingt.

Handwerker gesucht – aber nur zum Teil erreicht?

Die Elektrobranche lebt von den Fachkräften, die täglich auf Baustellen, in Werkstätten und Betrieben im Einsatz sind. Doch viele Monteure bleiben den Messen fern.

Häufige Argumente:

❌ „Unsere Leute müssen auf die Baustelle und haben keine Zeit.“

❌ „Wir wussten gar nicht, dass die Messe stattfindet.“

❌ „Was bringt mir ein Messebesuch konkret für meine Arbeit?“

Verbesserungsvorschlag:

Eine gezielte Kommunikation mit Handwerksbetrieben und Arbeitgebern etablieren. Unternehmen könnten aktiv dazu ermutigt werden, ihre Monteure freizustellen oder über Vorteile einer Messeteilnahme zu informieren. Monteure und Lehrlinge sollten aber auch einsehen, dass Veranstaltungen wie e-nnovation eine Form der Weiterbildung darstellen, in die sie selbst investieren müssen. Dem Chef für einen Besuch der Messe Überstunden zu schreiben, ist keine Lösung.

Ein spannender Ansatz wäre auch ein „Handwerker-Freitag“, an dem praxisorientierte Vorführungen im Fokus stehen – und vielleicht sogar spezielle Rabatte oder Anreize für Handwerksbetriebe angeboten werden.

Welche Themen interessieren Besucher wirklich?

Es gibt immer wieder Kritik, dass Messen zu stark auf Marketing ausgerichtet sind – und zu wenig auf echten Wissenstransfer.

Studien zeigen:

✔ Handwerker wünschen sich praxisnahe Vorführungen und fachlichen Tiefgang.

✔ Reine Produktpräsentationen sind oft nicht ausreichend – sie wollen Interaktion.

✔ Messen mit umfangreichen, praxisgerechten Rahmenprogrammen erhalten die besten Bewertungen.

Verbesserungsvorschlag:

Statt klassischer Produktstände mehr Fokus auf praktische Live-Demos, Workshops und interaktive Formate legen.

Synergien zwischen Messen nutzen

Die e-nnovation fand parallel zur Energiesparmesse statt. Aber was wäre passiert, wenn sie direkt mit ihr kombiniert worden wäre?

  • Die Grenzen zwischen Elektro- und Heizungstechnik verschwimmen zunehmend.
  • In Österreich gibt es über 600 Doppelkonzessionäre, die beide Bereiche abdecken.

Ein gemeinsamer Messestandort hätte die Zielgruppen optimal angesprochen – und hätte ein umfassendes Event geschaffen, das die gesamte Gebäude- und Energietechnik integriert und damit noch mehr Fachleute zum Besuch animiert hätte.

Verbesserungsvorschlag: Synergien stärker nutzen
  • Cluster-Messen statt Einzelveranstaltungen: Warum nicht Fachbereiche zusammenlegen, die in der Praxis ohnehin immer enger verzahnt sind?
  • Branchenübergreifende Netzwerke schaffen: Statt isolierter Veranstaltungen könnten Messen themenübergreifende Plattformen anbieten.
  • Zukünftige Messeplanung stärker an Branchensynergien ausrichten.
Die Sache mit den Abendveranstaltungen

Messe-Partys, Gala-Dinner und exklusive Networking-Events haben zweifellos eine lange Tradition und gehören für viele zum festen Bestandteil einer Fachmesse. Doch stellt sich die Frage: Entsprechen sie noch den heutigen Anforderungen?

Vor allem: Ist es zielführend, eine Veranstaltung zu organisieren, bei der die Lautstärke der musikalischen Darbietung so hoch ist, dass eine normale Unterhaltung kaum noch möglich ist? Schließlich sollte bei solchen Formaten der Austausch und das Netzwerken im Mittelpunkt stehen – und nicht der Versuch, sein Gegenüber trotz ohrenbetäubender Klänge zu verstehen.

Fakt ist: Solche Veranstaltungen sind teuer, und die Kosten werden letztlich an die Aussteller weitergegeben.

Mögliche Alternativen:

✔ Informelle Afterwork-Treffen an der Messe selbst, statt kostspieliger Abendgala oder Messeparty.

✔ Digitale Networking-Formate für die Nachbereitung, um langfristige Kontakte zu pflegen.

✔ Gezielte Matchmaking-Plattformen, die Aussteller und Besucher effizient vernetzen.

Verbesserungsvorschlag:

Networking in kompakterer, modernerer Form statt großem Gala-Dinner.

Ist Hybrid die Zukunft?

Die e-nnovation hat gezeigt: Fachmessen bleiben relevant. Aber sie müssen sich weiterentwickeln.

🔹 Hybride Konzepte etablieren – physische und digitale Formate kombinieren.

🔹 Gezielt junge Generationen ansprechen – über digitale Kanäle und interaktive Formate.

🔹 Monteure aktiv einbinden – über praxisorientierte Programme und bessere Kommunikation.

🔹 Inhaltlich mehr Fachwissen bieten – weniger reine Marketing-Show, mehr praxisnahe Lösungen.

🔹 Messen strategisch vernetzen – Synergien zwischen Branchen nutzen.

Die Messe der Zukunft ist keine Entweder-oder-Frage – sondern eine smarte Verbindung von analogem Erlebnis und digitalem Mehrwert.

Die gute Nachricht? Die Veranstalter und Austeller haben es selbst in der Hand, den Wandel mitzugestalten. Wir würden behaupten: Jetzt ist der perfekte Zeitpunkt, um aus einer guten Messe eine noch bessere zu machen.

Und noch eine Randnotiz zum Schluss: Die gastronomische Versorgung auf der Messe stieß bei manchen Ausstellern auf geteilte Meinungen – während einige das Angebot als ausreichend empfanden, äußerten andere Kritik an der Qualität der Speisen. Letztlich bleibt die Beurteilung jedoch subjektiv, denn Geschmäcker und Ansprüche sind bekanntlich verschieden. Aber auch hier gilt: Es gibt Luft nach oben.

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2 Kommentare

J.R 12. März 2025 - 8:22

Wunderbar geschrieben, der Artikel könnte aber auch schon bis auf wenige Teile schon an die 25 Jahre sein. Hat man früher mehr auf persönliche Weiterbildung oder Interesse der Mitarbeiter setzen können muss man heute damit rechnen das das nicht funktioniert wenn diese arbeitstechnisch ausgelastet sind oder meist am Mobiltelefon hängen. Nachdem man alles virtuell erledigen kann zumindest wird das überall suggeriert wird in manchen Teilen die wirkliche visuelle Rückmeldung fehlen und damit das Verständnis.
Das fängt in der Ausbildung an bis hin zur täglichen Arbeit. Da sind manchmal schon extrem große Lücken erkennbar die für manche unbewusst am Ende zu großen Schwierigkeiten führen können.
Wer schon einmal Schulungen mit aktivem Teil durchgeführt hat weiß wie sich das offenbart.

Antworten
Jungreithmair Johann 11. März 2025 - 23:12

Viele überlegenswerte Ideen und Anregungen !
Bin sicher dass JU connects einige Ideen durchaus überlegen wird !

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