Energiemärkte in massiver Bewegung:

Wann ist der Höhepunkt überschritten?

von Sandra Eisner
von Mag. Sandra Eisner Foto: © pixabay

Energie ist Leben und somit ein Thema, das unsere Emotionen berührt und Auswirkungen auf uns alle hat. Die massive Bewegung der Energiemärkte stellt uns vor enorme Herausforderungen – nicht nur die Energiewirtschaft und Politik, sondern auch alle (Energie-)Konsumenten. Ein Ende? Ist nicht in Sicht. Preissteigerungen sind weiterhin an der Tagesordnung und man fragt sich zu Recht, wie lange der sprichwörtliche Krug noch zum Brunnen gehen kann. Die E-Control versuchte sich in einer Fachveranstaltung an einer Analyse der aktuellen Situation und der möglichen Chancen. Wir waren für Sie dabei!

von Mag. Sandra Eisner

Ende Juni veranstaltete die E-Control ein Online-Event zum Thema »Energiemärkte in Bewegung – Chance oder Risiko?«. In gewohnt sachlicher Art wurde die Thematik von Experten der Energiewirtschaft unter die Lupe genommen und in verschiedenen Vorträgen erörtert. Wie ein roter Faden zog sich durch alle Beiträge, dass die enormen Herausforderungen leider noch kein Ende haben. Das wäre wohl auch zu schön, um realistisch zu sein. Preissteigerungen werden uns vermutlich weiterhin begleiten, denn der Höhepunkt ist noch nicht überschritten. Lesen Sie nachfolgend die für Sie zusammengefassten Kernaussagen und -botschaften der Veranstaltung.

„Die Gas- und Strompreise am Großhandelsmarkt haben sich in einem Jahr vervierfacht“, berichtete Prof. DI Dr. Alfons Haber, Vorstand E-Control, im Rahmen seines Überblicks über die Situation am Energiemarkt. (Bild: E-Control/Anna Rauchenberger)

Energiemarkt in Bewegung – ein kurzer Rückblick

Prof. DI Dr. Alfons Haber, Vorstand E-Control, bot zu Beginn einen kurzen Überblick über Rahmenbedingungen und Situationen am Energiemarkt. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich die Gas- und Strompreise am Großhandelsmarkt in einem Jahr vervierfacht haben. Die Haushaltspreise bei Erdgas sind bei Bestandskunden um etwa 200 €/a höher als vor einem Jahr. Die Abgabenreduktionen (z.B. Erdgasabgabe) haben dies teilweise wettgemacht.

Die Haushaltspreise bei Strom sind bei Bestandskunden um etwa 150 €/a teurer als vor einem Jahr. Auch hier haben die Abgabenreduktionen (z.B. Ökostromförderkosten, Elektrizitätsabgabe) dies weitgehend wettgemacht.

Aktuelle Angebote für Neukunden liegen bei Strom und Gas oftmals zusammen bei etwa 1.900 €/a über den Preisen vor einem Jahr (exkl. Steuern und Abgaben). Die Folge davon ist eine Reihe von europaweiten Diskussionen über das Marktdesign bei Strom, zu Unterstützungsmaßnahmen, Einkaufspools, Marktmodellen etc.

Das Zielbild der europäischen Energiestrategie sieht wie folgt aus: Sie soll dezentraler werden und der Fokus liegt auf der Dekarbonisierung. Dabei werde Strom als die große Lösung angedacht, erläuterte Prof. Dr. Stefan Ulreich von der Hochschule Biberach. (Bild: E-Control/Anna Rauchenberger)

Die europäische Strategie für den Energiemarkt der Zukunft

„Man sollte ein Zielbild haben – wohin wollen wir mit der Strategie?“, startete Prof. Dr. Stefan Ulreich von der Hochschule Biberach (staatliche Hochschule für angewandte Wissenschaften in Biberach an der Riß, Deutschland) seinen Vortrag. Das Zielbild der europäischen Energiestrategie sieht wie folgt aus: Sie soll dezentraler werden und der Fokus liegt auf der Dekarbonisierung. Dabei wird Strom als die große Lösung angedacht: Strom soll in Zukunft sowohl bei Haushaltsverbrauchern als auch bei industriellen Verbrauchern stärker genutzt werden. Möglich wird das allerdings erst mit digitalen Lösungen, und zwar wenn es gelingt, die Wechselwirkung zwischen Stromerzeugung und Stromverbrauch mit digitalen Hilfsmitteln zu bedienen. Stefan Ulreich dazu: „Die Digitalisierung ist also wichtig, um die Steuerung der dezentralen Komponenten zu ermöglichen und die Sektorkopplung ist etwas, das die EU definitiv auf ihrer Agenda hat.“ Eine ganze Reihe von Details ist allerdings noch offen: „Bis zu welcher Ebene wird Strom oder Gas verbraucht – wird Gas bis zur Ebene des Endkunden hinunter verbraucht oder bleibt es irgendwann auf der Verteilebene stecken und wird in Strom umgewandelt über Kraftwerke oder Brennstoffzellen? Wie kann das Gassystem für Wasserstoff ertüchtigt werden? Welcher ist der Grad an Autarkie, den wir erreichen wollen? Welche Art von Energieimporten braucht es und welche Menge davon? Das alles sind noch offene Fragen, die man auf der Agenda haben sollte, um sie im Zweifel auch beantworten zu können“, gibt Ulreich zu bedenken.

In der EU und den EU-Mitgliedsländern sind Strategien immer wieder Änderungen unterworfen. Folgende »lessons learned« bzw. strategische Botschaften für den Energiemarkt der Zukunft wurden seitens der EU laut Ulreich ausgestrahlt:

1.: Man will und sollte den CO2-Preis zur Steuerung nutzen.

2.: Die Erwartung besagt, dass die Stromnachfrage in Europa aufgrund der Sektorkopplung (Verkehr, Wärme) wachsen wird (EU Long-Term Scenario: über 50 % bis 2050).

3.: Die Wetterabhängigkeit nimmt ebenfalls zu (Saisonalität). Häuser mit PV-Anlagen sind zielführend, allerdings ist der Verbrauch im Winter am höchsten, die Produktion jedoch im Sommer, weshalb man auf Speicherung von Energie angewiesen ist, um die Überdeckung im Sommer und die Unterdeckung im Winter zu ersetzen.

4.: Energiespeicher werden auf allen Zeitskalen benötigt. Bisher lieferten die Gasspeicher sowohl Gas für die Heizungen als auch für den Strombereich – das muss in Zukunft anders erfolgen. Für langfristige Situationen stehen nur Methanspeicher oder Wasserstoffspeicher zur Verfügung, die wir einsetzen müssen.

5.: Der internationale Handel von Strom wird zunehmen. Ein großräumiger Stromaustausch hilft nur bedingt bei stark korrelierter Erneuerbarenproduktion, erlaubt aber eine gemeinsame Nutzung von gesicherter Leistung, Speicher etc.

6.: Der internationale Handel wird auch in Bezug auf Wasserstoff benötigt, weil die Idee, mit Überschussenergie Wasserstoff herstellen zu können, sich nicht unbedingt bewerkstelligen lassen wird, so Ulreich. Der Wasserstoffmarkt dürfte sich wie der Gasmarkt entwickeln mit deutlich höherem Anteil an Schiffsverkehr.

7.: Gesicherte Kapazitäten bzw. Versorgungssicherheit. Ein Bericht der Unternehmensberatung McKinsey belegt: Um die Stabilität des Netzes zu gewährleisten, muss der Stromsektor den Rückgang der verfügbaren Vermögenswerte kompensieren. Es wird davon ausgegangen, dass neue Kraftwerke wie Erdgaskraftwerke und Batterien das Netz teilweise ausgleichen werden, wenn die Stromerzeugung aus Kohle und Kernkraft zurückgeht. Es wird erwartet, dass mehr als 14 GW Erdgas ans Netz gehen, hauptsächlich von 2021 bis 2030, und mehr als 80 GW an Batterien, hauptsächlich von 2030 bis 2035.

Als Fazit zog Ulreich folgende Punkte:

  • Versorgungssicherheit ist vor allem dann ein Thema, wenn sie nicht gewährleistet ist. Sie wird auch durch internationale Kooperation erreicht – nicht (nur) durch Autarkie.
  • Die Sektorkopplung bei Haushalten und die Wasserstoffstrategie in der Industrie führen zu einem deutlichen Anstieg der Stromnachfrage.
  • Bisherige Abhängigkeiten von Importen fossiler Energieträger (mit mehr oder weniger Lieferanten) werden ersetzt durch stärkere und neue Abhängigkeiten von Strom, Wetter, Import anderer Rohstoffe.
  • Der Zustand des Energiesystems in Europa 2050 wird stark durch das Marktdesign und etwaige Förderungen bestimmt.

Johannes Mayer, Leiter der Abteilung Volkswirtschaft, E-Control: „Wir werden selbst im Jahr 2024 noch hohe Strompreise haben – wenn man die CO2- und Kohlepreise betrachtet, dann ist das etwas, was auf einem hohen Niveau verharren wird.“ (Bild: E-Control/Anna Rauchenberger)

Wettbewerb am Energiemarkt – Auswirkungen und ein Blick in die Zukunft

Warum haben sich Großhandelsmärkte in Österreich und Europa so entwickelt, wie es passiert ist? In seinem Vortrag ging Johannes Mayer, Leiter der Abteilung Volkswirtschaft, E-Control, ein auf globale Gasmärkte, auf globale Kohlemärkte und auf den CO2-Emissionshandel – also alles preisbeeinflussende Faktoren, die die europäischen Energiemärkte durcheinandergebracht haben. „Ursprünglich hat das nur bedingt mit Russland und dem Einmarsch in der Ukraine zu tun gehabt, sondern viel mehr mit globalen Entwicklungen“, so Mayer.

Was bedeuten diese Veränderungen auf dem Großhandelsmarkt nun für die Endkundenmärkte? Plötzlich ist Langfristigkeit das Thema, während die letzten Jahrzehnte stets von Kurzfristigkeit gesprochen wurde: Erforderlich waren kurzfristige Preise, damit die Haushalte schnell auf Schwankungen reagieren (Stundenpreise usw.). „Jetzt sprechen alle von langfristigen Preisen. Diese sind typischerweise über eine lange Zeit »verschmiert«, das bedeutet, alle Schwankungen sind schwerer darstellbar“, so Mayer.

Der Gasmarkt

Die ersten Entwicklungen und Diskussionen am Gasmarkt nahmen ihren Anfang bereits im August 2021. Damals haben die europäischen Händler – sowie auch Fachmedien – plötzlich bemerkt, dass die Gasspeicher in etwa um 15 % weniger gefüllt waren als üblich. Was war da los? Diese Erkenntnis hat dazu geführt, dass man auf einen Steigerungspfad gekommen ist, der sich mehr und mehr beschleunigt hat. Mayer erklärt: „Anfang August war ebenfalls der Zeitpunkt, zu dem plötzlich der Preis von 40 Euro überschritten wurde (mit steigender Tendenz), das war etwas Neues und alle haben gemerkt, dass irgendetwas in diesem Jahr anders war. Es wurden alle möglichen Geschichten erzählt, warum das so sein konnte. Es kam zu enormen Preissteigerungen. Nach Beendigung des Handelsjahres sind die Preise dann wieder gesunken, bis der Einmarsch passierte und somit nicht klar war, wie es weitergehen würde.“

Die österreichischen Importpreise sind sehr eng verwandt mit den Großhandelspreisen, allerdings mit einem zeitlichen Verzug von ein bis drei Monaten. Die Niederlande sind mittlerweile der Hauptpreisanker für Europa geworden, der TTF-Preis ist der wichtigste Preis und der Index für Europa – alle internationalen Verträge sind im Wesentlichen daran gebunden. Mayer: „Man sieht auch, dass sich die Importpreise durchaus in ein Wechselspiel mit den kurzfristigen Preisen bewegen. Wir haben Anfang des Jahres die Frage gestellt, warum die Importe aus Russland so gering ausfielen. Der Hintergrund waren die sehr hohen Dezemberpreise. Aufgrund dessen fiel der Importpreis im Jänner sehr hoch aus, weshalb wenig importiert wurde. Man erkennt also immer eine Wechselbewegung in den Importmengen“, erklärte Mayer.

Mittlerweile ist es so, dass wir aus dieser alten Lage (minus 15 % der Speichermengen) in eine Situation mit normalen Speichermengen in Westeuropa gekommen sind – und das gilt auch für Österreich. Mayer dazu: „Wir haben mittlerweile höhere Speichermengen in Österreich eingelagert als in den Jahren 2017 und 2018.“

Neben den Speichermengen (die offensichtlich eine Preisauswirkung hatten) gibt es auch den Zusammenhang mit den weltweiten Gaspreisen. Normalerweise befinden sich unsere Preise laut Mayer in etwa dort, wo auch die südostasiatischen Preise angesiedelt sind. Das einzige große Gebiet, das andere Preise haben kann, sind die USA. Aktuell wird dort in zusätzliche LNG-Kapazitäten investiert, was bedeutet, dass auch die USA in Zukunft stärker vom globalen Gaspreis abhängen werden. Für die heimische Industrie heißt das, Konkurrenten in den USA haben in Zukunft einen geringeren Preisvorteil, als das heute in der aktuellen Situation der Fall ist.

Auswirkungen auf die Strompreise

Wie geht es damit weiter? Die Preiserwartungen haben sich laufend nach oben verschoben. Mayer dazu: „Wir werden selbst im Jahr 2024 noch hohe Strompreise haben – wenn man die CO2- und Kohlepreise betrachtet, dann ist das etwas, was auf einem hohen Niveau verharren wird. Das bedeutet, der Umstieg auf elektrische Energie ist potenziell ein teures Geschäft.“

Für den Haushaltsbereich trifft Mayer folgende Prognose: „Was man in Anbetracht der Großhandelspreise für die Zukunft sieht, ist, dass sich sowohl bei Strom als auch bei Gas die reinen Energie-Preise (fürs Jahr) etwa verdoppeln können. Es kann also zu wesentlichen Kostensteigerungen kommen.“

Einen abschließenden Gedanken gab Mayer noch zu den langfristigen Verträgen, die in Zukunft wahrscheinlich vermehrt auf der Großhandelsebene abgeschlossen werden, mit auf den Weg: „Man muss sich die Frage stellen, was bedeutet das für den Retail-Bereich? Wenn die Händler und Verkäufer von Energie alle langfristig finanzieren, einkaufen, werden sie auch langfristig verkaufen wollen. Das bedeutet, dass auch die Lieferanten dann langfristig einkaufen und wahrscheinlich auch langfristig an ihre Kunden verkaufen werden wollen oder müssen. Es wird sicherlich eine Tendenz zu langfristigeren Vertragsverhältnissen geben, wie auch immer dies dann durchsetzbar ist. Industriebetriebe werden wahrscheinlich eher dazu animiert werden, längerfristig abzuschließen. Wir sehen hier eine geänderte Bedingung im Wettbewerb für Endkunden, Gewerbe, Industrie, Haushalt in Richtung längerfristige Vertragsverhältnisse und es stellt sich die Frage: Was bedeutet das für kurzfristige Preissignale, die wir doch so dringend für den Strommarkt brauchen werden?“

„Was jahrelang in der Beschaffungsstrategie erfolgreich war, funktioniert nicht mehr. Wir haben extrem hohe Preissteigerungen im Einkauf und müssen mit außerordentlichen Preiserhöhungen arbeiten“, so DI Erwin Smole MBA, Vorstand Stadtwerke Klagenfurt. (Bild: Screenshot)

Chancen und Hürden für einen Direkt-Vertrieb am Endkundenmarkt

… darüber berichtete DI Erwin Smole MBA, Vorstand Stadtwerke Klagenfurt. Die Marke »Pull« der Stadtwerke Klagenfurt bietet Online-Tarife für Strom und Gas in ganz Österreich. Der Onlinehändler vertreibt direkt über das Internet und spricht somit eine bestimmte Kundengruppe an. „Wir haben als erster Anbieter faktisch auf eine Bindung verzichtet. Es ist ein vollautomatisierter Abwicklungsprozess – fair, transparent und ausschließlich online. Wir sind ein reiner Händler ohne Eigenproduktion und daher voll von den Marktpreisen abhängig“, zeichnete Erwin Smole das Bild von Pull.

Welche Auswirkung hatte die Marktentwicklung der letzten Monate auf den Onlineanbieter? „Wir mussten eine Vollbremsung hinlegen und überlegen, wie wir den Markt weiterhin bearbeiten“, erläuterte Smole. Und weiter: „Wir haben eine strukturierte Energiebeschaffung über drei Jahre, das heißt, wir kaufen vorher ein. Das war ein sehr erfolgreiches Modell in den letzten Jahren: 90 % in der strukturierten Beschaffung, 10 % über den Spotmarkt – damit waren wir immer auf der sicheren Seite.“ Doch eine schlagartige Änderung wurde notwendig. Seit 2022 erfolgt die Energiebeschaffung für alle Neukunden über Spot (100 %) im ersten Lieferjahr. Da noch Restmengen aus der strukturierten Beschaffung vorhanden sind, ist derzeit geplant, diese Kunden erst im zweiten Lieferjahr ins Bestandsportfolio zu überführen. Was bedeutet das für die Neukunden? Es gibt keinen Vorteil mehr von der strukturierten Beschaffung, das Portfolio ist voll und die hohen Preise müssen eins zu eins weitergegeben werden.

Als weitere Herausforderungen führte Smole an: „Der extrem hohe Preisanstieg ist nicht mehr im Gleichklang mit der Indexentwicklung gelaufen. Wir mussten eine Preiserhöhung einführen, die Fixtarife wurden gestoppt zugunsten von Flextarifen. Was jahrelang in der Beschaffungsstrategie erfolgreich war, funktioniert nicht mehr. Wir haben extrem hohe Preissteigerungen im Einkauf und nur Indexweitergaben auf der Verkaufsseite sind im Moment schwierig, wir müssen mit außerordentlichen Preiserhöhungen arbeiten.“

Als (Gegen-)Maßnahme musste eine Grundgebühr eingeführt werden – mit dem Resultat, dass 95 % der Kunden geblieben sind. Auch die AGBs wurden überarbeitet in Bezug auf die Wertsicherungsklausel und 2022 musste eine Preisanpassung durchgeführt werden. „Die zweite Konsequenz aus den großen Preissteigerungen ist die Anpassung der Beschaffungsstrategie über die Börse. Wir müssen unser eigenes Produktportfolio um flexible Einspeiseprodukte für den Kunden erweitern.“

„Es ist notwendig, die Strominfrastruktur auszubauen, denn wenn dies nicht geschafft wird, ist man letztlich ein Teil der weiteren Abhängigkeit vom russischen Gas“, mahnte Dr. Wolfgang Urbantschitsch , LL.M., Vorstand E-Control. (Bild: E-Control/Anna Rauchenberger)

Zeit für klare Worte

Dr. Wolfgang Urbantschitsch , LL.M., Vorstand E-Control, übernahm wie gewohnt die abschließende Zusammenfassung der Vorträge. Folgender Aspekt war ihm wichtig darzulegen: „Im Prinzip funktioniert das Marktmodell, es ist aber nicht sehr stressresistent und wir haben es hier mit einem außergewöhnlichen Ereignis zu tun, mit einem Krieg, mit einer Verknappung, mit dementsprechend hohen Gaspreisen, die dazu führen, dass die Strompreise so hoch sind. Die Abhängigkeit von Gas ist gerade in diesem Land enorm und deshalb stellt sich natürlich auch die Frage, was zu tun ist. Als allererstes denke ich, ist es wichtig zu betonen, dass wir mit Ruhe und Sachlichkeit an die Problemlösung herangehen, dass wir keine Panik verbreiten, dass wir aber durchaus auch die Wahrheit aussprechen, dass es auch nichts zu verbergen gilt und dass wir uns in Transparenz üben sollten – es ist die Zeit für klare Worte.“ Wenn es darum geht, auf diese Situation zu reagieren, so ist es notwendig, die unmittelbaren Auswirkungen eines Gaslieferstopps oder auch einer -reduktion so gut als möglich zu reduzieren, das heißt, die Speicher zu füllen, zu substituieren, den Verbrauch zu reduzieren und auch zusätzliche Quellen zu erschließen. All das passiert bereits. Die Speicher werden gefüllt, aber nicht in dem Ausmaß, wie es für notwendig erachtet wird. Urbantschitsch: „Ja, es wird auch notwendig sein, zusätzliche Gasmengen zu beschaffen aus nicht-russischer Herkunft. Generell wird es notwendig sein, die Abhängigkeit von Gas zu verringern, das heißt, neue Quellen zu erschließen, zu diversifizieren, den Verbrauch zu reduzieren.“

Aktuell ist es das Gebot der Stunde, daran zu arbeiten, die Auswirkungen der hohen Preise abzufedern. Auch eine Auseinandersetzung damit, in welcher Weise das Marktmodell geändert werden kann, ist unumgänglich, wobei „die große, tolle Lösung, die zur Entlastung führt, wird es nicht geben, aber wir werden weiter mit ACER auf europäischer Ebene daran arbeiten. Die Marktintegration ist ein wesentlicher Punkt, den wir weiter vorantreiben müssen.“

Urbantschitschs abschließender Appell handelte von der Infrastruktur: „Wir brauchen die Strominfrastruktur, die Stromnetze, die Erzeugungsanlagen und es scheitert nicht wirklich am Geld, an den Investitionen in diese Stromerzeugungsanlagen und an der Netzinfrastruktur, sondern vielfach an der Akzeptanz. Es ist notwendig, die Strominfrastruktur auszubauen, denn wenn dies nicht geschafft wird, ist man letztlich ein Teil der weiteren Abhängigkeit vom russischen Gas. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass wir vor über hundert Jahren eine erste Elektrifizierung in diesem Land hatten, dann nach dem Zweiten Weltkrieg noch eine weitere Welle und ich möchte fast meinen, dass wir heute an dem Punkt stehen, wo wir eine Elektrifizierung 2.0 in diesem Land herstellen sollten.“

Weitere Informationen auf: www.e-control.at

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