Tech Forum der LANline zeigt den Trend auf, Rechenzentren kleiner zu denken:

Baut Rechenzentren in Windräder ein!

von Thomas Buchbauer
von Thomas Buchbauer Foto: © Aufmacher: Adobe Stock / deagreez /andere Fotos: www.i-magazin.com

„Man macht das eben so“, teilte mir unsere 16-jährige Tochter kürzlich mit, als ich sie fragte, warum sie sich ihr Smartphone aus kurzer Entfernung vor die Nase hielt, um ein Foto aus dieser Perspektive von sich zu machen.

Ich hatte sie zuvor zum wiederholten Male dabei beobachtet, wie sie das eigentümliche Portrait im Anschluss per Snapchat an Freunde verschickt hatte. Sie »snappte«, wie eine Vielzahl anderer Jugendlicher weltweit gerade – ein Vorgang, der die Rechenzentren dieser Welt mit Millionen und Abermillionen sinnlosen Rechenvorgängen (so würde ich es als Erwachsener, der laut unserer Tochter allerdings keine Ahnung hat, zumindest bezeichnen) belegt. Prozesse wie diese verschlingen Unmengen an Hard- und Software-Kapazität, aber vor allem auch Energie. Ich habe unsere Tochter darauf hingewiesen, mir ist aber klar, dass diese Information viel zu abstrakt für sie ist und damit auf taube Ohren stößt. Außerdem macht man das eben so. Fix!

Energieverbrauch in Rechenzentren im Zentrum des Interesses

Bereits im Jahr 2019 mutmaßte man, dass Google und seine Dienste insgesamt rund 5,7 Terawattstunden pro Jahr verbrauchen würden. Bedingt durch die digital geschürften Kryptowährungen und das Voranschreiten von Cloud-Diensten und IoT steigt die Datenmenge weltweit rasant an. Während also der Bedarf an Rechenleistungen nach oben schnellt, ist man von »grünen Rechenzentren« laut Einschätzungen der Experten anlässlich des LANline Tech Forums in Wien weit entfernt. So heißt es unter anderem, dass 95 % der Rechenzentren im Jahr 2022 energetisch nach wie vor am gleichen Stand wie 2007 sind.

Clevere Lösungen

Um strengeren Regularien vorzugreifen, startete bereits im Jahr 2008 eine Initiative zur freiwilligen Selbstverpflichtung – »EU Code of Conduct for Data Centres (CoCDC)« – ein Verhaltenskodex der RZ-Branche zur Steigerung der Energieeffizienz in Rechenzentren. Mit dem Sofortprogramm des Bundes-Klimaschutzgesetzes KSG §8 Abs. 1 soll es laut einem der Vortragenden unter anderem zur Verpflichtung von PUE 1,3 und einer Abwärmenutzung von 30 % noch im Laufe des Jahres 2023 kommen. Vor allem Energierückgewinnung in Form von Wärme und die Nutzung von erneuerbarer Energie sollen den Prozess hin zu »grünen Rechenzentren« vorantreiben. Dazu sind auf der einen Seite Vereinbarungen zur Wärme-Abnahme durch potenzielle Kunden wie Wohnbaugesellschaften oder Industriebetriebe nötig und auf der anderen Seite ein Umdenken in Sachen Standorte. Während die Betreiber von Großrechenzentren nach Skandinavien ausweichen, um die Energie zum Kühlen der Infrastruktur zu minimieren, kommt es nun zu einem cleveren Gegentrend: »Mini-Rechenzentren« mit bis zu 18 Racks, die direkt in den Masten von Windrädern integriert und in Clustern zusammengeführt werden, sollen laut Experten auf der LANline ökologischer als Großrechenzentren sein und gleichzeitig die Distanzen zu den Kunden reduzieren. Aber auch bestehende Rechenzentren können durch vertikale Windräder oder PV-Anlagen auf den Dächern ergänzt werden, um auf diese Weise dem Ziel der Umsetzung von »grünen Rechenzentren« näherzukommen. Aber ganz egal ob Großrechenzentren in Skandinavien oder Mini-Rechenzentren in Mitteleuropa – sie werden alle notwendig sein, damit Europa sich auch in diesem Bereich von der Umklammerung durch die USA und China lösen kann.

Metz Connect, Draka & Co. klären auf

Das Tech Forum der LANline Anfang November in Wien brachte laut Veranstalter Expertinnen und Experten aus dem Datacenter- und dem Verkabelungs-Infrastruktur-Bereich zusammen. Neben der Ausstellungsfläche, auf der Unternehmen wie Metz Connect, Draka, R&M, Corning und andere ihre Entwicklungen auf diesem Gebiet ausgestellt hatten und die Besucher der Veranstaltung allumfänglich berieten, sprachen parallel dazu Holger Nickel (AixpertSoft), Zoran Borcic (Prysmian Group/Draka),

Ausstellungsraum der LANline

Das Tech Forum der LANline lud auch heuer wieder Experten aus dem Datacenter- und dem Verkabelungs-Infrastruktur-Bereich ein, um Trends und Tendenzen auszuloten. Mit dabei waren Firmen wie Metz Connect, Draka, R&M, Corning und andere. Foto: www.i-magazin.com

Manfred Patzke (MaPaCom/freier Sachverständiger), Andreas Kaufmann (Commscope) und Helmut Göhl (greenDCision) über Themen wie »Data Center Infrastructure Management im Kontext des digitalen und ökologischen Wandels der Gesellschaft«, »Verständniskonzepte für Energie- und Nachhaltigkeit in der RZ-Landschaft«, »RZ Networking-Design für 400G/800G/1.6T Ethernet«, »Neue Herausforderungen für die CU-Verkabelung: Datacom Markt, Remote Power, Hochgeschwindigkeit und Green IT« sowie »Anforderungen an den Potenzialausgleich in Anlagen und Gebäuden mit informationstechnischen Einrichtungen«.

Ein Resümee

Die Veranstaltung zeigte wie viele andere im Osten Österreichs, dass die Bereitschaft, sich weiterzubilden, derzeit nur bedingt angenommen wird. Ob es eine Mentalitätsfrage ist oder der aktuelle Mehraufwand in den Arbeitsprozessen, bedingt durch Lieferengpässe und Facharbeitermangel, bleibt an dieser Stelle offen. Sowohl die Vorträge als auch die Experten auf den Ausstellungsflächen mit ihrem innovativen Angebot hätten es sich jedenfalls verdient gehabt, vor einem größeren Publikum zu sprechen und es zu beraten! Bleibt zu hoffen, dass es wieder anders kommt!

Publikum der LANline

Wie realistisch ist es, die Idee von grünen Rechenzentren umzusetzen? Clevere Ideen wie jene von Mini-Rechenzentren in Windrädern zeigen die möglichen Alternativen zu Großrechenzentren. Foto: www.i-magazin.com

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