Kolumne von i-Magazin-Chefredakteur Thomas Buchbauer:

Kommen wir mit unseren Botschaften an?

von Oliver Kube
von Thomas Buchbauer Foto: © Fotolia

Haben Sie sich schon einmal darüber Gedanken gemacht, warum es Ihnen in machen Gesprächen partout nicht gelingen mag, mit Ihren Argumenten zu punkten? Und das, obwohl Sie aus Ihrer Sicht die stichfestesten Argumente vorbringen, die man nur haben kann?

Hängt es alleine von Ihren Argumenten oder von Ihrem Kommunikationstalent ab? Vielleicht hängt es ja aber auch damit zusammen, dass wir Menschen schlicht überfordert sind. Dass wir zu wenig Kapazitäten in der Aufnahme von Informationen haben. Ein Indiz dafür, dass es daran liegen könnte, ist, dass unsere Sinnesorgane laut Wissenschaft* ein Datenvolumen von unglaublichen 400 Mrd. Bits/sec an unser Gehirn schicken, ohne dass es mehrheitlich genutzt wird. Der Großteil davon – der sogenannte dunkle Bereich – wird einfach ausgeblendet. Einfach heruntergebrochen, könnte man es damit erklären, dass der Scheinwerfer unserer Datenverarbeitung nur auf einen schmalen Kegel von mageren 2.000 Bits/sec fokussiert ist. Der Rest wird einfach ausgeklammert. In Anbetracht dieser eklatanten Kluft zwischen Wahrnehmung und Verarbeitung könnte das doch der Grund sein, dass wir viele Entscheidungen treffen, die für andere nicht nachvollziehbar sind.

Ob ich Beispiele aus der Praxis dafür habe? Eine Menge. Abgesehen vom privaten Umfeld, in dem wir ein derartiges Szenario immer wieder erleben können – vorausgesetzt man bewegt sich auch mal raus aus seiner ganz speziellen Blase sozialer und politischer Gesinnung – würden mir durchaus auch Beispiele aus dem beruflichen Umfeld einfallen. Etwa jenes des alle paar Jahre stattfindenden Ausarbeitungsprozesses der OIB-Richtlinien-Neufassungen, in dem die Verantwortlichen der Richtlinie immer wieder auf Durchzug gestellt hatten, wenn ihnen die Protagonisten der Elektrobranche die für sie überaus einleuchtenden Pro-Argumente der Infrarotheizung vorgetragen hatten. Da stellt sich natürlich die Frage: Waren es dann auch tatsächlich die richtigen Argumente?

Zum anderen sind es sehr oft politische Entscheidungen, die unsere Branche auch beruflich betreffen und häufig für kollektives Kopfschütteln sorgen. Sei es die Ankündigungen der Regierung vom Herbst vergangenen Jahres, ab Jänner 2024 großangelegte Förderprogramme für PV, Wärmepumpen und Pelletsheizungen auf den Weg zu bringen, mit dem Erfolg,

dass die Aufträge in den letzten Monaten des Jahres 2023 einbrachen. Und das, obwohl die Politik von allen (klugen) Seiten gewarnt und gebeten wurde, mit der Ankündigung erst am Ende des Jahres an die Öffentlichkeit zu gehen. Oder nehmen wir die nach wie vor fehlenden Gesetze, die notwendig wären, um die Wärme- und die Energiewende final auf den Weg bringen zu können und damit (auch) den Strafzahlungen in Milliardenhöhe, die uns derzeit drohen, weil wir die Richtlinien aus Brüssel nach wie vor nicht umgesetzt haben, zu entgehen.

All diese Entscheidungen sind für viele von uns nicht nachvollziehbar. Welche Botschaften von den Verantwortlichen ausgeblendet werden und vor allem warum, entzieht sich unserer Kenntnis­. Selbst die Kommunikationswissenschaft ist sich nicht einig, warum es dazu kommt und was man explizit dagegen unternehmen kann. Vielleicht ist der Grund dafür ja auch, dass wir als Gesellschaftsgruppen nicht richtig abgeholt werden. Nehmen wir doch die Klimakrise als Beispiel – eine überaus kontroversiell geführte Debatte. „Wollen wir überhaupt weg von den Fossilen?“, fragte mich kürzlich einer der »Energieexperten« der FPÖ im Rahmen eines informellen Gesprächs. Da wäre also auf der einen Seite jene Gruppe an Menschen, die denken, dass alles so bleiben kann, wie es ist, und auf der anderen Seite jene, die die Dringlichkeit der Veränderung mit wissenschaftlichen Botschaften rüberbringen wollen, mit dem Ergebnis, dass sie ihr Gegenüber überfordern und lähmen.

„Die Menschen schalten einfach ab“, sagte DI (FH) Christian Kdolsky, Sprecher des Klimavolksbegehrens, kürzlich vor laufenden Kameras während einer Pressekonferenz. Auch wenn im Rahmen der Veranstaltung unterstrichen wurde, dass es in Österreich keine Mehrheitsmeinung gäbe, was den Pfad hin zu einer CO2-Reduktion betrifft, wollen wir im Grunde doch alle das Gleiche – zumindest was unsere Lebensräume betrifft: Wir wollen der Überhitzung der Städte und der Gefahr der Waldbrände in den Sommermonaten mit den richtigen Maßnahmen begegnen, wir wollen, dass die Landwirtschaft, trotz der immer häufiger auftretenden Dürreperioden, weiterhin produktiv bleibt, ohne dass die Natur darunter leidet und die Mehrheit will, dass der Strom in Österreich grundsätzlich von Erneuerbaren produziert wird.

In Sachen Erneuerbare ist Österreich ein Land der Privilegierten – der Anteil der Erneuerbaren lag im Jahr 2022 bei rund 80 %. Und mit der Wasserkraft haben wir auch ein riesiges Potenzial an planbarer und gesicherter Grundlast. Doch bleibt es trotz Klimaveränderung auch dabei? Oder ist die Wasserkraft nicht zuletzt durch die Wasserknappheit in den Sommermonaten ein Auslaufmodell? Nein, ist sie nicht. Das ist zumindest das Ergebnis der Studie »Auswirkung des Klimawandels auf die Wasserkraft« im Auftrag von Oesterreichs Energie, der Interessenvertretung der österreichischen E-Wirtschaft. Zwar wird es klimabedingt langfristig eine Verschiebung der Niederschläge vom Sommer in den Winter geben, während die Jahres-Niederschlagsmengen in weiten Teilen Österreichs eine gleichbleibende oder sogar leicht ansteigende Tendenz erkennen lassen.

Genau dieses Phänomen führt dazu, dass die Versorgungslücken aus den Bereichen der Photovoltaik in den kalten Jahreszeiten durch die Wasserkraft kompensiert werden können und umgekehrt. Denn wenn die Strom-Produktion aus der Wasserkraft im Sommer bedingt durch die Dürreperioden rückläufig ist, übernehmen die erneuerbaren Energieträger und umgekehrt. „Neben dem Netzausbau bieten unsere Speicher- und Pumpspeicherkraftwerke die Voraussetzungen, um die schwankenden Erzeugungsmengen aus den Wind- und PV-Anlagen im System zu glätten und so eine sichere und verlässliche Stromversorgung zu gewährleisten“, ergänzte Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, im Rahmen der Studienpräsentation. Mit anderen Worten: Wir dürfen uns glücklich schätzen, weiterhin auf alle Formen der Erneuerbaren zurückgreifen zu können – technisch gesehen scheinbar sogar effizienter als bisher. Mit dieser wirklich positiven Botschaft möchte ich an dieser Stelle schließen und darauf vertrauen, dass wir in Sachen Kommunikation wieder mehr aufeinander zugehen und uns im Zuge dessen auch wieder intensiver zuhören.

Thomas Buchbauer ist Chefredakteur und Herausgeber von i-Magazin und ecarandbike.com

(Bild: www.i-magazin.com)

Thomas Buchbauer

Chefredakteur, i-Magazin

 

 

*Quelle: »Gespräche führen mit Hirn und Herz« von Ben Kimura-Gross

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