Die Kolumne von Bundesinnungsmeister Gerald Prinz:

Wert auf Bildung legen!

von

Sehr geehrte Elektrotechnikerinnen und Elektrotechniker!

Immer wieder wird mir die Frage gestellt, ob ich für die Weiterbildung der Elektrotechniker bin oder nicht, und wie ich für die Weiterbildung im zweiten Bildungsweg stehe. Dazu möchte ich Folgendes festhalten:

Ich lese natürlich auch die vielen Angebote, die von den verschiedenen Institutionen zu Verfügung gestellt werden. Als Bundesinnungsmeister begrüße ich jede Art von Weiterbildung. Nur muss man meiner Meinung nach aufpassen, dass nicht mit »Gewalt« und nur um des Geschäftes willen weitergebildet wird. Ich bin der Meinung, dass die Schülerinnen und Schüler sehr wohl von der 1. Klasse Volksschule weg benotet werden müssen, damit die Kinder selbst einschätzen können, ob sie gut oder weniger gut sind. Und dazu muss die Gesellschaft, und das sind wir alle, umdenken und so ehrlich sein, sich einzugestehen, dass es weniger gute Schüler und bessere Schüler gibt.

Das hat es immer gegeben und wird es immer geben. Und natürlich sind uns Töchter und Söhne lieber, die ein Studium abschließen, statt eine Lehre zu absolvieren.

Aber ACHTUNG, das ist genau das, was ich nicht für richtig empfinde. Mir persönlich ist ein Lehrling, der nicht so gute Noten hat, aber dafür sehr motiviert ist, und eine Lehre mit gutem Erfolg abschließt, und im Leben so wie bei der Arbeit glücklich und erfolgreich ist, lieber, als ein Maturant oder ein Student, dem die Motivation fehlt und im Leben sowie im Beruf nicht glücklich ist. Grundsätzlich gehört die Grundschule so gestaltet, dass es gut ausgebildete Schüler (Mathematik, Deutsch, Englisch usw.) im Berufsleben leichter haben, Fuß zu fassen. Viele Unternehmer sind ja mittlerweile auch zuständig für die schulisch fehlende Ausbildung, und das weiß auch die Gesellschaft. Nur wird es ignoriert, wie so vieles, das in der Vergangenheit falsch gemacht wurde. So möchte ich euch ein wahres Ereignis, das heuer im Mai stattgefunden hat, erzählen, damit ihr den Ernst der Lage erkennt und besser verstehen könnt, was ich sagen will. Ein Mädchen kam zu uns in die Firma und hat gebeten, ob sie bei uns in der Firma drei Tage schnuppern (wird von der Polytechnischen Schule organisiert und betreut) könnte und eventuell bei uns eine Lehre als Elektrikerin absolvieren dürfte. Daraufhin habe ich einen Termin mit dem Mädchen und deren Eltern vereinbart. Als wir bei uns in der Firma zu einem Gespräch zusammenkamen, stellte ich neben den Eltern die mathematische Frage ob der »angehende Lehrling« mir im Kopf zehn Prozent von Hundert abziehen könne. Es kam die Antwort: 96, nein ich habe mich verrechnet, es kommt 94 heraus. Dann habe ich die Frage gestellt, wieso sie mir die zehn Prozent von Hundert nicht abziehen kann, das hat sie begründet mit: Die Prozentrechnungen wurden in der Schule noch nicht durchgenommen. Daraufhin gab ich zu verstehen, dass das Mädchen bei uns die drei Tage schnuppern könne, aber für den Beruf des Elektrotechnikers nicht geeignet sei. Und jetzt kommt was Schlimmes, Freunde: Sagte mir doch allen Ernstes der Vater des Mädchens: „Das macht nichts, meine Tochter fängt sowieso zu studieren an!!!“

Aber noch was Schlimmes hat sich anschließend ereignet. Nach zwei Tagen kam die Lehrerin, die die Aufsicht und Begleitung des Mädchens über hatte, zu uns und fragte mich, wie es mit der Lehrstelle für das Mädchen aussieht.

Ich habe ihr das Erlebte erzählt und bekam die Antwort von der LEHRERIN: „Das macht ja nichts, die geht ja sowieso in das Büro!!!!“ Mir hat es die Sprache verschlagen, denn in meinem Büro sitzen zwei Mitarbeiterinnen mit abgeschlossener HAK-Ausbildung. Und genau das ist es, wovon ich spreche. Die Gesellschaft und vor allem wir Eltern der Kinder müssen umdenken, um unsere Kinder wieder glücklicher und damit vielleicht auch gesünder zu machen.

Und noch was gebe ich euch in die Stille der Weihnachtsfeiertage mit zum Denken. Ich glaube, wir sollten wieder über den Beruf des klassischen Elektroinstallateurs nachdenken, der elektrotechnisch gebildet ist, sich im Bau vorzüglich auskennt, die Installation einer elektrotechnischen Anlage bestens bewältigt, und motiviert und gut gelaunt jeden Tag zur Arbeitsstelle kommt. Diese Ausbildung könnte ich mir vorstellen, dass sie dreijährig genügen müsste.

Der Elektroinstallationstechniker bleibt mit seinen vier Jahren Ausbildung der Techniker, der sich um technisch höherwertige Aufgaben kümmern sollte. Beide Berufe sind dringend erforderlich und meiner Meinung nach dringend notwendig.

Noch was zum guten Schluss: Die Zukunft ist ELEKTRISCH und jeder unserer Elektrotechniker sollte und muss sich weiterbilden, denn das wird mit dieser rasanten technischen Entwicklung absolut notwendig werden. Und da bitte ich euch Eltern und die Verantwortlichen der Betriebe, mit viel Gefühl und guter Motivation für unsere jungen Menschen und zukünftigen Elektrotechnikerinnen und Elektrotechniker an die Sache heranzugehen und die jungen Menschen zu unterstützen. Die Jungen sind unsere Zukunft und so sollten sie behandelt werden.

In diesem Sinne wünsche ich euch allen eine besinnliche, ruhige Weihnachtszeit mit eurer Familie, und ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2018!

 

Euer Gerald

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