Ein politisches Großereignis war es nicht, doch die Spannung lag in der Luft: Das Trendforum von Österreichs Energie am Montagabend in Wien brachte nicht nur Brancheninsider, sondern auch politische Entscheidungsträger zusammen. Die Hauptfragen: Wie geht es weiter mit der Energiewende in Österreich und welchen Weg wählt man hinsichtlich der Förderprogramme? Während sich Politikerinnen und Politiker im Publikum auffällig zurückhielten, nutzten zwei prominente Redner die Bühne für klare Botschaften: Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Österreichs Energie, und Politikberater Thomas Hofer.
Eines gleich vorweg: Dem i-Magazin wurde aus gut informierten Kreisen aus den Regierungsverhandlungen zugetragen, dass die Mehrwertsteuerbefreiung für Photovoltaikanlagen aller Voraussicht nach bestehen bleibt. Auch die Förderung zum Heizkesseltausch wird weitergeführt, wenn auch unter veränderten Rahmenbedingungen – Wärmepumpen und andere umweltfreundliche Heizsysteme sollen auch in Zukunft gefördert werden. Doch jenseits dieser positiven Nachrichten blieb das große Fragezeichen über der künftigen Energiepolitik bestehen.
„Eine Ideologiefreie Energiepolitik wäre wünschenswert“
Die Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, Barbara Schmidt, eröffnete ihre Rede mit einem kleinen Seitenhieb auf die in den Startlöchern stehende neue Regierung, die noch immer kein klares Programm vorgelegt hat: „Ja, über das Regierungsprogramm können wir heute nicht sprechen. Denn die Politiker haben mit der Veröffentlichung leider nicht Rücksicht auf unser Trendforum genommen. Oder vielleicht erwarten sie noch wertvollen Input von der heutigen Diskussion“, meinte Schmidt mit einem Lächeln in Richtung Publikum.
Ihr Appell war unmissverständlich: Österreich brauche eine verlässliche, langfristige Energiepolitik – unabhängig von parteipolitischen Machtspielen. Schmidt wünscht sich ein „rot-weiß-rotes Konzept“, das über Legislaturperioden hinaus Bestand hat: „Wir haben immer kritisiert, dass das bei uns in Österreich alles so politisch, so parteipolitisch ist. Dieses Stopp-and-Go in der Förderlandschaft war schädlich für den Standort.“ Gerade bei den Erneuerbaren Energien sei die Unsicherheit für Unternehmen und Haushalte fatal. Dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien in Österreich unumkehrbar sei, sieht Schmidt aber als gesichert. „Die Bekenntnisse sind da – das ist bei allen Papieren, die im Rahmen der Verhandlungen aufgetaucht sind, zu lesen gewesen – etwa zu Verfahrensbeschleunigungen, zu Rechtssicherheit bei Preisänderungen und dass der Erneuerbaren Ausbau einfach weitergehen muss“, verriet Schmidt.
Allerdings sei der Klimaschutz wohl nicht mehr die oberste Priorität der kommenden Regierung, räumte sie nüchtern ein. Gleichzeitig betonte sie jedoch, dass sich Sparen und Klimaschutz nicht widersprechen, sondern durchaus Hand in Hand gehen können: „Sowohl als auch!“, lautete ihr Statement dazu.
Zudem unterstrich sie, dass die Energiewende nicht nur eine ökologische Notwendigkeit sei, sondern auch eine Frage der nationalen Sicherheit: „Ich möchte noch einmal ganz klar sagen – weil auch immer wieder von Industrievertretern kritisiert wird, dass die Energiewirtschaft für die Transformation, für den Klimaschutz, eintritt und nicht für den Wirtschaftsstandort: Das ist kein entweder oder. Das ist ein sowohl als auch. Das passt zusammen. Die Transformation des Energiesystems ist nicht nur ein Programm, um CO2-frei oder CO2-neutral zu werden, sondern, sie ist ein Wirtschaftsstandortprogramm, das uns resilienter macht. Ein Energiesystem, das auch in die Sicherheit von Österreich einzahlt. Gerade heute, am dritten Jahrestag des Einmarschs, Russland in die Ukraine, muss man hier auch besonders den Schwerpunkt drauflegen – wir werden stärker.“
Bedeutende Gesetze sind in der Pipeline – wann kommen sie?
Schmidt betonte in ihrer Rede auch, dass die Energiewirtschaft bereits Nettozahler sei und einen erheblichen Beitrag zur Transformation leiste. Weitere finanzielle Belastungen durch Steuern und Abgaben könnten problematisch werden: „Jeder Cent, der nicht schon abgegeben wird, wird in die Transformation des Energiesystems investiert. Der Standortbeitrag wird so schon getätigt.“
Weitere Sorgenkind bleiben das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) und das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) – beide sind noch nicht in seiner endgültigen Form verabschiedet. Schmidt hofft auf rasche Fortschritte, um Planungssicherheit zu gewährleisten.
Darüber hinaus erneuerte sie eine zentrale Forderung von Österreichs Energie: Die Schaffung eines Transformationsministeriums, das die Energiewende über Ressortgrenzen hinweg steuern soll. „Das Thema braucht einen Kümmerer in der Politik“, so die Generalsekretärin von Oesterreichs Energie. Ein solches Ministerium könnte die Abstimmung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden verbessern und Genehmigungsverfahren für erneuerbare Projekte beschleunigen.
„Wir stehen gewissermaßen vor einem Neustart“
Der Politikberater Thomas Hofer ging im Anschluss auf die laufenden Regierungsverhandlungen ein. Sein Fazit: Derzeit werde vieles hinter den Kulissen verhandelt, aber auf der Bühne zeige sich noch wenig Konkretes. „Ich glaube, es wird in den nächsten Tagen soweit sein, das ist schon klar. Mit allen Fallstricken“, so Hofer über den Status quo. Er rechnet mit einem pragmatischen Start der neuen Regierung – allerdings ohne detaillierte, langfristige Planung. Vielmehr dürfte es ein Energieprogramm für die kommenden zwei Jahre geben, das sich vor allem auf die Budgetierung konzentriert.
Dass die Energiepolitik zunehmend emotionalisiert werde, sieht Hofer als Risiko und gleichzeitig auch als Chance: „Themen wie diese muss man immer emotional erzählen. Es ist einfach nicht so, dass man mit einer Zahlen-, Daten-, Fakten-Diskussionen weit hüpft.“
Eine übermäßige Ideologisierung der Debatte, wie sie in den USA bereits zu beobachten sei, müsse jedoch vermieden werden: „In den USA ist das Thema Elektromobilität mittlerweile fast eine Frage der Parteizugehörigkeit.“ 24% der demokratischen Wähler in den USA haben entweder ein Elektroauto gekauft oder planen es, während es 27% ablehnen – das Verhältnis ist bei den Demokraten somit relativ ausgewogen. Bei den Republikanern sind die Zahlen weit drastischer: Nur 8% der republikanischen Wähler haben ein Elektroauto gekauft oder planen es, während 69% es ablehnen. „Diese Relation ist nur damit zu erklären, dass die Elektromobilität ein massiv identisiertes Thema ist. Das ist Unsinn, das muss andere Entscheidungsgrundlagen haben.“
Lichtblicke, aber noch viele Unklarheiten
Was bleibt nach diesem Abend? Einerseits die leise Hoffnung, dass zentrale Förderinstrumente wie die Mehrwertsteuerbefreiung für PV-Anlagen und die Heizkesseltausch-Förderung nicht komplett gestrichen werden. Andererseits bleibt unklar, wie die neue Regierung die Finanzierung dieser Programme sicherstellen wird. Die anwesenden Politiker hielten sich jedenfalls bedeckt – weder Tanja Graf (ÖVP), Alois Schroll (SPÖ) noch Stefan Gara (NEOS) wollten sich zu den Verhandlungen äußern.
Barbara Schmidt setzt dennoch auf Optimismus: „Österreichs Energie wird weiterhin mit lösungsorientierten, zukunftsorientierten, kundenzentrierten Konzepten an die Politik herantreten“, so die Generalsekretärin.
Ob die Politik diesen Ball aufnimmt, bleibt abzuwarten.