Höhere Energiedichte, mehr Ladezyklen:

Superkondensatoren könnten in E-Autos und der Photovoltaik zum Einsatz kommen

von Moritz Hell

Ähnlich wie Batterien eignen sich Superkondensatoren für die wiederholte Speicherung elektrischer Energie. Forschende der Technischen Universität Graz präsentieren in der Fachzeitschrift »Nature Communications« eine besonders sichere und nachhaltige Variante eines solchen Superkondensators.

Batterieelektrische Autos gelten als die Zukunft der Mobilität. Die heutigen Lithium-Ionen-Batterien, mit denen die meisten von ihnen betrieben werden, haben allerdings auch Nachteile, so etwa die beschränkte Verfügbarkeit von Rohstoffen wie Kobalt. Auf der Suche nach alternativen elektrochemischen Energiespeichern für den Einsatz in der E-Mobilität sowie für die Speicherung von Energie aus erneuerbaren Quellen ist eine Kombination aus Batterie und Kondensator vielversprechend: der hybride Superkondensator. Er kann ähnlich schnell geladen und entladen werden wie ein Kondensator und dabei annähernd so viel Energie speichern wie herkömmliche Batterien. Zusätzlich kann er deutlich schneller und viel häufiger geladen und entladen werden. Während eine Lithium-Ionen-Batterie eine Lebensdauer von wenigen tausend Zyklen erreicht, schafft ein Superkondensator rund eine Million Ladezyklen.

System aus Kohlenstoff und Salzwasser

Eine besonders nachhaltige, bislang aber recht unerforschte Variante eines solchen hybriden Superkondensators besteht aus Kohlenstoff und wässrigem Natriumiodid-Elektrolyten, mit einer positiven Batterieelektrode und einer negativen Superkondensatorelektrode. Wie genau die elektrochemische Energiespeicherung in diesem Superkondensator funktioniert und was in den nanometergroßen Poren der Kohlenstoffelektrode passiert, haben Forschende der TU Graz nun näher untersucht und ihre aussichtsreichen Ergebnisse im wissenschaftlichen Journal »Nature Communcations« veröffentlicht. „Das von uns eingehend betrachtete System besteht aus nanoporösen Kohlenstoffelektroden und einem wässrigen Natriumiodid-Elektrolyten, sprich aus Salzwasser. Damit ist dieses System besonders umweltfreundlich, kostengünstig, unbrennbar und einfach zu recyceln“, führt Christian Prehal aus. Er ist Erstautor der Studie und kürzlich vom Institut für Chemische Technologie für Materialien der TU Graz an die ETH Zürich gewechselt.

Ergebnis widerspricht völlig der Erwartung

Mithilfe von Röntgenkleinwinkelstreuung und Raman-Spektroskopie konnten die Forscher erstmals zeigen, dass in den Kohlenstoffnanoporen der Batterieelektrode während der Ladung feste Iod-Nanopartikel entstehen, die sich bei der Entladung wieder auflösen. Das wiederspricht dem bislang vermuteten Reaktionsmechanismus und hat weitreichende Konsequenzen, wie Prehal erklärt: „Nur auf Grund der Kleinheit der Nanoporen von weniger als 1 Nanometer – d.h. 1 Millionstel Millimeter – bleibt das feste Iod stabil. Der Füllgrad mit festem Iod bestimmt dabei, wieviel Energie in der Elektrode gespeichert werden kann. Damit kann die Energiespeicherkapazität der Iod-Kohlenstoffelektroden ungeahnt hohe Werte erreichen, indem sämtliche chemische Energie in den festen Iodpartikeln gespeichert wird.“ Dieses neue grundlegende Wissen eröffnet Wege zu hybriden Superkondensatoren oder Batterieelektroden mit unvergleichlich höherer Energiedichte bei äußerst schnellen Lade- und Entladevorgängen. Derartige Hybridkondensatoren werden von Qamar Abbas, derzeit Lise-Meitner-Stipendiat des FWF am Institut für Chemische Technologie von Materialien und ebenfalls Hauptautor der Studie, seit einigen Jahren sehr erfolgreich untersucht und weiterentwickelt.

Nicht nur für E-Autos interessant

Hybride Superkondensatoren können nun mit gezielten Verbesserungen in die Anwendung gebracht werden: als sichere, nicht entflammbare, kostengünstige und nachhaltige Alternative für die stationäre Speicherung elektrischer Energie. Damit eignet sich der neue Kondensator nicht nur für Elektroautos, sondern ist auch eine Option für aus Photovoltaik gewonnene Energie in privaten Haushalten.

Neue Untersuchungsmethode für elektrochemische Energiespeicher

Ein weiterer Durchbruch gelang den Forschern in Bezug auf die verwendeten Untersuchungsmethoden: Bei der Raman-Spektroskopie wird die Wechselwirkung von Licht mit Materie genutzt, um Einblick in den Aufbau oder die Eigenschaften eines Materials zu bekommen. Die Kleinwinkel-Röntgenstreuung (SAXS; small-angle x-ray scattering) macht strukturelle Veränderungen während elektrochemischer Reaktionen sichtbar. Beide Methoden fanden operando statt, das heißt, während des Ladens- und Entladens einer eigens dafür entwickelten elektrochemischen Zelle. „Sowohl operando Raman-Spektroskopie also auch operando SAXS wurden erstmals an einem hybriden Superkondensator mit wässrigem Natriumiodid-Elektrolyt durchgeführt, und zwar am FELMI Zentrum für Elektronenmikroskopie Graz bzw. im Soft Matter Application Lab an der TU Graz. Für die operando SAXS-Untersuchung haben wir eigens eine Messzelle für Batterien und elektrochemische Energiespeicher entwickelt“, erklärt Prehal. Die Ergebnisse der Arbeit zeigen, dass operando SAXS bestens geeignet ist, um strukturelle Änderungen in einem Superkondensator oder einer Batterie auf der Nanometerskala und direkt während des Ladens und Entladens live zu verfolgen. Diese neue Untersuchungsmethode könnte daher künftig breiten Einsatz im Bereich elektrochemischer Energiespeicher finden.

Link zur Originalpublikation
www.tugraz.at

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