Wenn Sie diese Zeilen lesen, haben wir entweder eine FPÖ-ÖVP-Regierung oder wir stehen vor Neuwahlen. Sollte Ersteres eingetreten sein, sind die Würfel wohl endgültig gefallen und wir erleben tiefe Einschnitte in Österreichs Förderungslandschaft. „Weg mit allem, was nur einen Hauch von grünem Anstrich hat“, lautet dann wohl die Devise. Denn die laufenden Regierungsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP lassen wenig Zweifel daran, dass tiefgreifende Einschnitte bei umweltfreundlichen Förderungen bevorstehen. Besonders betroffen sind die Heizungs- und Elektromobilitätsbranche, Photovoltaikanlagen sowie viele private Haushalte, die fest mit diesen Unterstützungen kalkuliert hatten. Doch was bedeutet das konkret für Wirtschaft, Arbeitsplätze und Klimaschutz? Ein Blick auf die Hintergründe zeigt, warum diese Kürzungen ein fataler Fehler sein können.
Die Extremwetterereignisse der letzten Jahre – von verheerenden Regenfällen und Überschwemmungen in Niederösterreich bis hin zu Dürreperioden im Sommer – zeigen, dass die Klimakrise keine abstrakte Zukunftsprognose mehr ist, sondern vor der Haustüre der Österreicherinnen und Österreicher angekommen ist. Österreich hat sich gemeinsam mit den anderen EU-Staaten verpflichtet, Klimaziele zu erreichen. Werden diese verfehlt, drohen Milliardenstrafzahlungen. Dennoch scheinen die Regierungsverhandler entschlossen, umweltfreundliche Maßnahmen unter dem Vorwand, die Interessen der Bevölkerung zu schützen, einzustellen. Dabei ist aus der Sicht vieler Experten das Gegenteil der Fall: Eine nachhaltige Energiewende wäre langfristig gesehen nicht nur eine ökologische, sondern auch eine wirtschaftliche Notwendigkeit.
Laut Recherchen der i-Magazin-Redaktion gibt es für das Jahr 2025 noch rund 100.000 offene Förderzusagen für den Heizkesseltausch aus dem „Raus aus Öl und Gas“-Topf, die noch nicht eingelöst wurden. Diese Förderungen wurden ursprünglich geschaffen, um Konsumenten den Umstieg auf umweltfreundliche Heizungen zu erleichtern und gleichzeitig den Herstellern sowie Installateuren Planungssicherheit zu geben. Über die Höhe bzw. Art und Weise, wie Förderungen in diesem Zusammenhang vergeben wurden, lässt sich streiten. Fakt ist jedoch: Wird die Förderung nun abrupt gestrichen, bedeutet das für viele Unternehmen eine Katastrophe. Produktionskapazitäten, die extra aufgebaut wurden, bleiben ungenutzt, Installateure und Elektriker verlieren ihre Aufträge, und eine massive Welle an Kündigungen und Insolvenzen droht.
Auch die geplante Einführung der Nova auf Elektroautos sowie die Streichung der Förderungen für Elektromobilität stoßen in der Branche auf massives Unverständnis. Gerade in einer Zeit, in der der Umstieg auf nachhaltige Mobilität gefördert werden müsste, setzt die potenzielle Regierung auf Maßnahmen, die die Marktentwicklung ausbremsen und Investitionen erschweren.
Symbolischer Protest: „Ohne Förderung ist die Solarbranche nackt“
Der Elektrotechniker Maximilian Wagner sorgte mit einer spektakulären Protestaktion vor dem österreichischen Parlament für Aufsehen: Mit einem Plakat mit der Aufschrift „Ohne Förderung ist die Solarbranche nackt“ protestierte er wortwörtlich unbekleidet gegen die geplante Wiedereinführung der 20-prozentigen Mehrwertsteuer auf Photovoltaikanlagen. „Ohne staatliche Unterstützung verliert die Branche ihre Innovationskraft, tausende Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel, und die gesamte Energiewende wird gefährdet“, erklärte Wagner. Sein Appell an die Regierung ist klar: Die Mehrwertsteuerbefreiung muss bis mindestens 2025 bestehen bleiben, um den Übergang in ein nachhaltiges Modell zu ermöglichen. Doch damit nicht genug: Der Bundesverband Photovoltaic Austria hat in einem offenen Brief an die Regierungsverhandler von FPÖ und ÖVP eindringlich vor den Folgen der geplanten Steuererhöhung gewarnt. Auch der Elektromobilitätsclub Österreich (EMC) hat sich zu Wort gemeldet und fordert den Erhalt der bisherigen Unterstützungen für Elektrofahrzeuge. „Die Mobilitätswende ist untrennbar mit der Energiewende verknüpft“, so der EMC. „Die geplanten Kürzungen der Unterstützungen und Förderungen werfen nicht nur Fragen hinsichtlich der Erreichbarkeit der Klimaziele auf, sondern gefährden auch die soziale und wirtschaftliche Zukunft Österreichs.“
Eine andere Sichtweise: Innovation statt Förderung?
Nicht alle sehen die massiven Förderkürzungen als ein Problem. Dr. Gerhard Rimpler, Geschäftsführer von my-PV, argumentiert in einer Kolumne auf i-magazin.com, dass übermäßige staatliche Förderungen sogar schädlich sein könnten. „Förderungen setzen zwar Marktanreize, doch sie sichern langfristig keine Arbeitsplätze“, so Rimpler. „Innovationen entstehen nicht durch staatliche Subventionen, sondern durch den Wettbewerb am Markt.“ Er verweist auf die Entwicklung der Solarthermie, die durch jahrelange Subventionen in eine Innovationsflaute geriet und letztlich gegen international konkurrenzfähige Hersteller nicht mehr bestehen konnte.
Diese Sichtweise mag in Teilen berechtigt sein, ignoriert aus meiner Sicht jedoch eine zentrale Problematik: Konsumenten setzen bei ihren Investitionsentscheidungen nur allzu gerne auf Förderungen. Deshalb greift das Argument, die Preise im Bereich der Photovoltaik wären ohnehin so günstig wie noch nie, zu kurz. Denn kaum jemand, der heute in eine PV-Anlage investieren will, weiß, wie hoch die Preise vor zwei Jahren noch waren. Es ist ihr bzw. ihm auch schlichtweg egal – die meisten Konsumenten leben im Hier und Jetzt und nicht im Gestern mit dem Ergebnis, dass Investitionen weitgehend ausgesetzt werden.
Kurzum: Die geplanten Förderkürzungen durch FPÖ und ÖVP sind nicht nur ein massiver Rückschritt für den Klimaschutz, sondern gefährden auch die wirtschaftliche Stabilität und tausende Arbeitsplätze. Während die Argumente für eine Reduzierung von Subventionen nicht grundsätzlich falsch sind, ist ein abrupter Stopp der Förderungen meiner Meinung nach unverantwortlich und wird weitreichende negative Konsequenzen haben.
Es braucht eine kluge, langfristige Förderstrategie, die Innovationen unterstützt, Investitionen sichert und Planungssicherheit für Unternehmen und Haushalte bietet. Nur so kann Österreich seine Klimaziele erreichen und gleichzeitig wirtschaftlichen Wohlstand sichern.