Sage und schreibe 14.000 Fachkräfte fehlen derzeit in der Branche der Elektrotechnik, Elektronik und IT. Wird dem Mangel nicht entgegengewirkt, erhöht sich diese alarmierende Zahl laut Hochrechnung auf rund 22.000. Höchste Zeit also, aktiv zu werden! Damit sich die düstere Prognose nicht bewahrheitet, wurde eine branchenumspannende Initiative gestartet. Wir waren bei ihrer Präsentation dabei.
Eine Kerninitiative zum Thema Bildung im Bereich der Elektrotechnik und Elektronik, das ist »Join the future«. Um dem Fachkräftemangel endlich dort zu begegnen, wo dringender Handlungsbedarf besteht, setzten sich zahlreiche Branchenvertreter an einen Tisch und hoben eine zielgerichtete Kampagne aus der Taufe. Das »Ziel« sind dabei Jugendliche, Schüler, junge Menschen – unsere Zukunft eben. Im Rahmen einer Pressekonferenz wurde die Initiative von den maßgeblichen Treibern vorgestellt: Kari Kapsch, Präsident OVE Österreichischer Verband für Elektrotechnik; Marion Mitsch, Geschäftsführerin FEEI Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie; Barbara Schmidt, Generalsekretärin Oesterreichs Energie und Stephan Preishuber, Bundesinnungsmeister-Stv. der Elektro-, Gebäude-, Alarm- und Kommunikationstechniker. Ebenfalls maßgeblich an der Brancheninitiative beteiligt ist das Bundesgremium Elektro- und Einrichtungsfachhandel, dessen Obmann Robert Pfarrwaller aufgrund eines Auslandaufenthaltes jedoch nicht an der Pressekonferenz teilnehmen konnte.
„Die Branche der Elektrotechnik, Elektronik und IT ist eine Querschnittsmaterie“, eröffnete Kari Kapsch die Präsentation. „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bei uns fehlen, haben eine Sekundärwirkung auf alle Bereiche in der Wirtschaft und im gesellschaftlichen Leben.“ Die Branche an sich ist eine sehr kreative und innovative, was allerdings in der Vergangenheit nicht derart vermittelt wurde. „Die Zuläufe der jungen Leute in diese Berufsbilder nehmen leider nicht massiv zu, sondern in manchen Bereichen sogar ab.“ Diese Entwicklung gilt jedoch nicht für alle Bereiche der Ausbildung – so gibt es bei den Lehrlingen sehr wohl leichte Zuwächse. In den technischen Fachhochschulen werden Zuwächse vor allem in Ostösterreich verzeichnet, massive Rückgänge sind in den westösterreichischen Bundesländern zu beobachten und bei den HTLs ist die Situation laut Kari Kapsch „relativ stabil“.
„Nicht jammern, sondern Taten setzen!“
Kari Kapsch erklärte die Geburtsstunde der Kampagne »Join the future« folgendermaßen: „Wir haben diese Initiative aus dem Boden gestampft, und zwar in der Form, wie sich der OVE grundsätzlich präsentiert: Wir sind eine neutrale Branchenplattform, hinter uns als Mitglieder stehen Industrieunternehmen, Gewerbeunternehmen, Energieversorger und natürlich auch die Wissenschaft. Das haben wir uns zunutze gemacht, um diese Initiative von der Rampe zu bekommen.“ Das Zielpublikum im Alter von 10 bis 18 Jahren soll damit mehr motiviert werden, in die Berufsbilder der Elektronik, der Elektrotechnik und der IT einzutauchen. „Wir müssen den Schülerinnen und Schülern nicht erklären, was sie zu tun haben, sondern warum sie es tun sollen. Denn mit diesen Berufsbildern können sie die Probleme der Zukunft lösen. Anstatt sich auf die Straße zu kleben, wäre es viel sinnvoller, sich aktiv mit Technologie auseinanderzusetzen“, so Kapsch.
Wesentlicher Wirtschaftsmotor
Auch dem FEEI liegt das Thema des Fachkräftemangels stark am Herzen, denn fehlende Fachkräfte gefährden die Wettbewerbsfähigkeit und letztendlich auch den Wohlstand. „Der Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie vertritt 300 Mitgliedsunternehmen. Wir haben 2022 einen Produktionswert von über 23 Milliarden Euro erwirtschaftet. Besonders erfreulich war, dass wir in unserer Branche ein Beschäftigungswachstum verzeichnen konnten von 4,7 %“, zeichnete Marion Mitsch ein Stimmungsbild der dynamischen und pulsierenden Branche. Als wesentlicher Wirtschaftsmotor handelt es sich bei den Arbeitskräften vorwiegend um Fachkräfte, die die Sicherstellung der kritischen Infrastruktur, insbesondere im Bereich der Kommunikation, gewährleisten. Energiewirtschaft, medizinischer Bereich, Elektromobilität oder Gebäudeautomation zeigen das breite Betätigungsfeld, „doch auch die vor- und nachgelagerten Branchen müssen genügend Fachkräfte haben, damit auch eine Beratung und natürlich der Vertrieb unserer Produkte stattfinden können“, so Mitsch abschließend.
Umbau des Energiesystems
Als Stimme der Elektrizitätsunternehmen sprach Barbara Schmidt, Generalsekretärin Oesterreichs Energie. „Die E-Wirtschaft steht zurzeit vor wirklich großen Herausforderungen, Strom in Zukunft sicher, sauber und leistbar zur Verfügung zu stellen. Wir sind mitten in der Energiewende und haben hohe Ziele, die es zu erreichen gilt. Das heißt, wir müssen in den nächsten Jahren nicht nur hunderte Wasserkraftwerke ausbauen, tausende Windräder errichten, hunderttausende PV-Module ins Netz integrieren, sondern auch die Netze ausbauen, sie digitalisieren, Speicher errichten.“ Dazu braucht es nicht nur Innovationen, sondern vor allem eben auch Arbeitskräfte, die sich für die Energiewende in der Strombranche engagieren. Aktuell sind ungefähr 2.000 Arbeitsplätze in den Elektrizitätsunternehmen im Bereich der Elektrotechnik frei – ein Flaschenhals für die Energiewende. „Wir brauchen junge, engagierte Leute in allen Bereichen, die das gesamte System verstehen. Jeder will die Energiewende, aber keiner die Infrastruktur: Trotz Eigenversorgung am Dach braucht es auch ein Netz, um Teil des gesamten Systems zu sein. Diese gesamtheitliche Sicht ist wesentlich und dazu braucht es fundierte Ausbildungen“, so Schmidt.
„Es geht nichts mehr ohne Elektrotechnik!“
Stephan Preishuber, Bundesinnungsmeister-Stv. der Elektro-, Gebäude-, Alarm- und Kommunikationstechniker lieferte konkrete Zahlen zum Status quo: „Es gibt in Österreich etwa 15.000 Elektrotechnik-Betriebe, 7.000 davon sind verantwortlich für 50.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen – das ist eine sehr große Zahl. Der Hauptfokus der Bundesinnung liegt auf dem Berufsnachwuchs und mit 31. Dezember 2022 konnten wir 10.138 Lehrlinge ausbilden. Leider sind nur 656 davon weiblich, doch den Elektrotechniker-Beruf können Frauen genauso gut ausüben wie Männer – da gibt es keinen Unterschied.“
Im letzten Jahr war der Modullehrberuf Elektrotechnik laut Preishuber der am meisten gefragte von allen Lehrberufen. Preishuber: „Wir bilden 12 % aller Lehrlinge in Österreich aus bei über 70 Fachgruppen im Handwerk und Gewerbe. Die Ausbildung dauert 3,5 bis 4 Jahre und wurde von uns gestrafft und aufgepeppt. Der »Modullehrberuf neu« liegt aktuell beim Ministerium zur Freigabe.“
»Werde Zukunftserfinder!«
Verantwortlich für die Umsetzung der Initiative zeichnet Shirin James von der Agentur papabogner.
Die Kernbotschaft der Kampagne lautet: Mit Elektrotechnik kannst du die Zukunft erfinden, werde jetzt Zukunftserfinder. „Für uns war es essenziell, der Elektrotechnik ein Gesicht zu geben, mithilfe von namhaften Role Models, die bereits in der Vergangenheit die Zukunft, also unsere jetzige Gegenwart, erfunden haben, sie maßgeblich mitgeprägt haben“, erklärte Shirin James. Für viele Jugendliche ist es gar nicht so klar, wie präsent die Elektrotechnik im Alltag ist. Die produzierten Filme sind so aufgebaut, dass sie einerseits einen Bildungsauftrag erfüllen, andererseits die Aufmerksamkeit des sehr jungen Publikums halten können. Dieselbe Botschaft wird auf unterschiedlichen Kanälen zielgruppengerecht angepasst verbreitet. Alle Aktivierungsmaßnahmen leiten schlussendlich auf die Landingpage weiter, die einerseits Informationen rund um die Kampagne, aber auch den Kontext rund um das breite Fach der Elektrotechnik bietet: Was bedeutet es, Zukunftserfinder zu sein? Wie gestalte ich die Zukunft mit? Welche Zukunftsthemen kann ich vorwärtstreiben?
Verbreitet werden die kurzweiligen Spots ab sofort auf diversen Social Media-Kanälen, auch in den Kinos wird die Kampagne beworben. Die Initiatoren erhoffen sich einen »Impact« bei den Jugendlichen im Sinne weiteren Teilens und Verbreitens. Im Idealfall kann so das Potenzial gehoben werden, das aktuell fehlt. „Das ist ein sehr hoch gestecktes Ziel, wenn wir allerdings die Situation der Zuläufe wieder auf das alte Niveau bekämen, wären wir schon sehr weit“, so Kari Kapsch abschließend.
Weitere Informationen auf: www.zukunftserfinderinnen.at
Hier geht’s zu den Kampagnenvideos: