Die Energiewende in Österreich ist kein Selbstläufer – das wurde beim Trendforum von Österreichs Energie mehr als deutlich. Auf dem Podium diskutierten hochkarätige Expertinnen und Experten über Klimaziele, Förderungen und Investitionen – und vor allem über die Frage: Wie geht es jetzt weiter?
„Man braucht einen stabilen Pfad“ – Michael Strugl warnt vor Flickwerk in der Energiepolitik und setzt ergänzend hinzu: „Wir haben ein Jahr verloren.“ Diese Aussage des Vorstandsvorsitzender der Verbund AG, hallte nach. „Wir haben gesagt, wenn wir es nicht in der letzten Legislaturperiode schaffen, die entscheidenden Gesetze von der Politik auf den Weg zu bringen, dann verlieren wir mindestens ein Jahr. Und das ist es jetzt auch.“ Die Verzögerungen bei der Regierungsbildung und die stockenden Gesetzgebungsprozesse bremsen nicht nur den Ausbau der Erneuerbaren, sondern gefährden auch Investitionen in Milliardenhöhe. „Entscheidend ist, dass irgendwann einmal gilt, was beschlossen wird. Wenn wir alle paar Jahre die Policy ändern – dann ist es schwierig für die Investitionsplanung.“ Sein Fazit: Österreich brauche einen stabilen Transformationspfad, nicht nur nationale Alleingänge, sondern eine verlässliche europäische Strategie.
Ein Hoffnungsschimmer? Heute, am 26. Februar, stellt die EU neue Programme vor. „Ein Action Plan für Photovoltaik, Energy Prices und Elektrifizierung wird präsentiert.“ Strugl hofft, dass diese Pläne dann nicht wieder über Bord geworfen werden.
„Stop-and-Go ist langfristig schädlich“
Auch Angela Köppl, Ökonomin am WIFO, warnt vor den Folgen einer unsteten Energiepolitik: „Eine Stopp-and-Go-Politik ist für die mittelfristige Wettbewerbsfähigkeit enorm schädlich.“ Klimaschutz sei kein Selbstzweck, sondern eine wirtschaftliche Notwendigkeit: „Wenn man glaubt, dass man Klimapolitik zurückstellen kann, dann hat man die Kosten des Klimawandels nicht auf dem Radar“, bringt die Ökonomin einen selten diskutierten Punkt ins Spiel. Ihre Forderung lautet daher: Strukturreformen statt kurzfristiger Sparmaßnahmen. Förderungen für Umwelt und Energie seien sinnvoll, wenn sie strategisch ausgerichtet sind, anstatt einfach nur gekürzt zu werden.
„Wir müssen an allen Schräubchen drehen“
„Etwas gegen hohe Energiepreise zu tun, ist nicht einfach“ – so brachte Jürgen Streitner, Leiter der WKO-Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik, die Herausforderung auf den Punkt. Er richtete sein Augenmerk auch auf Österreichs Standortprobleme: „Wir haben sechsmal so hohe Gaspreise wie in den USA, zwei- bis dreimal höhere Strompreise als der EU-Durchschnitt.“ Daher brauche es laut seiner Meinung eine Vielzahl an Maßnahmen, um die Wirtschaft nicht weiter zu belasten. Sein Vorschlag: Mehr Systemmaßnahmen statt Einzelmaßnahmen. Energieabgabenvergütung, Netzentgelte und internationale Stromtransite müssten neu bewertet werden.
„Verunsicherung durch Förderkürzungen muss enden!“
Ein besonders kritischer Punkt der Diskussion: Der plötzliche Stopp der Förderungen für den Heizkesseltausch. „Zum einen sind die Förderungen ausgelaufen, zum anderen weiß niemand, wann und wie es weitergeht“ – Martina Prechtl-Grundnig, Geschäftsführerin des Dachverbands Erneuerbare Energie Österreich, sieht darin ein massives Problem: „Wenn wir über Fördereffizienz sprechen, dann muss es eine klare Ansage geben. Unsicherheiten zerstören Vertrauen.“ Ihr Appell lautet daher: Klimaschädliche Subventionen gehören auf den Prüfstand! „Wir reden über Einsparungen bei Umweltförderungen, aber kaum über Einsparmöglichkeiten bei klimaschädlichen Subventionen“, so die Dach-Chefin.
„Wir sollten einen großen Wurf wagen“
Für Jürgen Schneider, Leiter der Sektion Klima und Energie im BMK, steht fest: Die Energiewende braucht mehr als nur kleinteilige Nachbesserungen. „Wir haben gerade zwei wichtige Papiere aus Brüssel auf dem Tisch – darunter der Clean Industrial Deal. Es geht unter anderem darum, wie Unternehmen entlastet und die Transformation kosteneffizient gestaltet werden kann.“ Auch die Bürokratie müsse reduziert werden: „Vor allem kleine und mittlere Unternehmen leiden unter den derzeitigen Berichtspflichten. Hier muss entlastet werden.“ Sein Vorschlag: Ein großes Deregulierungspaket, um Investitionen zu beschleunigen. „Wir sollten uns trauen, einen großen Wurf zu wagen – im Sinne des Wirtschaftsstandorts.“
Mehr Tempo, mehr Planungssicherheit, weniger Stopp-and-Go
Die Diskussion am Podium machte eines klar: Österreichs Energiewende braucht dringend mehr Verlässlichkeit und Tempo. Die finalen Kurzstatements anlässlich des Trendforums brachten es auf den Punkt.
• Michael Strugl: „Wir müssen endlich schneller bauen können.“
• Angela Köppl: „Sektorübergreifende Maßnahmen sind essenziell.“
• Jürgen Streitner: „Wir müssen ins Umsetzen kommen.“
• Jürgen Schneider: „EAG, EIWG und Gasspeicherausbau sind essenziell.“
• Martina Prechtl-Grundnig: „Ein stabiles Fördersystem ist entscheidend.“
Die kommenden Monate werden zeigen, ob die nächste Bundesregierung die richtigen Weichen stellt – oder ob sich Österreich weiter in Diskussionen verliert.