Kommentar von Michael Staudinger, Branchenexperte bei W&P:

Elektro- und Digitalindustrie: Agenda 2023

von Oliver Kube
Foto: © Dr. Wieselhuber & Partner

Die Unternehmen der Elektro- und Digitalindustrie haben bisher mehrheitlich ein erfolgreiches Jahr 2022 erzielt. Der Auftragseingang liegt über dem sehr positiven Jahr 2021, die Kapazitätsauslastung ist entsprechend hoch. Der Auftragsbestand wird deutlich ins Jahr 2023 hineinreichen. Gleichzeitig sind aktuell Lagebeurteilung und Erwartungen der Unternehmen getrübt vom makroökonomischen Umfeld, Versorgungsengpässen und Fachkräftemangel. Was sind die wesentlichen Herausforderungen und Handlungsfelder der Elektro- und Digitalindustrie im Jahr 2023? Dr. Michael Staudinger, Branchenexperte bei Dr. Wieselhuber & Partner (W&P), gibt eine Einschätzung.

1. Ertragssicherung: Kosten und Preise!

Konsequentes Kostenmanagement ist das Gebot der Stunde. Die Ertragssituation der Unternehmen verschlechtert sich durch steigende Kosten bei Energie, knappen Vormaterialien und Löhnen massiv. Hier gilt es durch ein straffes Kostenmanagement – ganzheitlich priorisiert und konsequent – gegenzusteuern. Zusätzlich sollte Preismanagement als zweiter Hebel zur Ertragssicherung genutzt werden:  Preisstrategien müssen angepasst, internationales Pricing adjustiert, Konditionensysteme optimiert – und letztlich auch durchgesetzt werden.

2. Rekonfiguration von Wertschöpfungsketten: Lokaler werden trotz Mehrkosten!

Versorgungsengpässe in Form von Materialknappheiten und gestörten Lieferketten werden auch 2023 das größte Produktionshemmnis darstellen. Insbesondere der China-Taiwan-Konflikt, der Krieg gegen die Ukraine, Protektionismus-Tendenzen und die Covid-Pandemie haben überdeutlich gezeigt, dass auf maximale Effizienz getrimmte Lieferketten hochanfällig gegen Störungen sind. Kurzfristig müssen die Unternehmen der Elektro- und Digitalindustrie flexibel und schnell mit pragmatischen Lösungen auf diese Veränderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen reagieren. Jetzt gilt es, das strategische Set-up von Footprint und Lieferbeziehungen stärker zu regionalisieren. Dies wird zu Mehrkosten führen, aber die Versorgungssicherheit erhöhen.

3. Effizienzsteigerung in der Wertschöpfung: Automatisierung weiter vorantreiben!

Die Ausschöpfung von Effizienzpotenzialen in der Produktion ist ein strategischer Imperativ. Im Fokus sollte die Automatisierung stehen, um Stückkostenerhöhungen zu kompensieren. Unternehmen der Elektro- und Digitalindustrie müssen die Möglichkeiten der Digitalisierung und der Industrie 4.0 weiter vorantreiben und endlich zum »echten« Sprung ansetzen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Das funktioniert nur, wenn Digitalisierung jetzt als Teil der Unternehmensstrategie in eine umfängliche Digital Roadmap überführt, zielorientierte konkrete Maßnahmen abgeleitet und die Umsetzung konsequent gesteuert wird.

4. Innovation: Jetzt nicht bremsen!

Digitalisierung, der Ausbau erneuerbarer Energien, Elektromobilität: Trotz aller Unsicherheiten und unbedingtem Kostenmanagement wäre es ein großer Fehler, Innovationsaktivitäten jetzt zurückzufahren. Innovative Unternehmen, die neue Marktchancen nutzen, agieren wirtschaftlich erfolgreicher. Gerade in der aktuellen Zeitenwende wird die explizite Beschäftigung mit der Zukunft, auch jenseits des bestehenden Kerngeschäftes, durch professionelles Innovationsmanagement sowie den Aufbau neuer Geschäfte überlebenswichtig und bestimmt überdies zukünftige Branchenstrukturen. Es gilt also Kosten- und Innovationsmaßnahmen zielorientiert zu balancieren.

5. Nachhaltigkeit: Auf allen Ebenen verankern!

Das Wirtschaften ohne Rücksicht auf Verluste hat keine Zukunft mehr – der Druck auf die Elektro- und Digitalindustrie durch staatliche Abgaben, den CO2-Preis und ESG-Kriterien wächst. Und die Uhr tickt: Der reduzierte CO2-Footprint der deutschlandweit nachhaltigsten Unternehmen im Bereich Industriegüter liegt spätestens 2029 bei durchschnittlich bei 50+1 % (W&P Studie 2022). Entsprechend muss Nachhaltigkeit jetzt in der Unternehmensstrategie verankert werden. Denn häufig führen die Angst vom Wettbewerb überholt zu werden und das Fehlen einer strategischen Herangehensweise an die nachhaltige Transformation zu einem bunten Potpourri an Initiativen. Umso mehr braucht es den strategischen Rahmen, um Energiewende, Verantwortung entlang der Lieferketten, kreislauforientierte Produkte, Herstellungsverfahren und deren Nutzung sinnvoll in Unternehmenserfolge zu transformieren.

6. Mergers and Acquisitions (M&A): Chancen nutzen!

Unsichere Konjunkturaussichten, steigende Energiekosten, steigende Zinsen: Durch diese Gemengelage kommen Unternehmen oder Geschäftsbereiche mit grundsätzlich intaktem Geschäftsmodell in Ertragsprobleme. Wer hier aus einer Position der Stärke heraus agieren kann, hat die Chance Wachstum durch Neu- bzw. Ergänzungsgeschäft oder den Zugriff auf Kompetenzen zu realisieren. Auch für den Verkäufer kann dies eine Gelegenheit oder Notwendigkeit sein die Portfoliobereinigung voranzutreiben, indem finanzielle Mittel zur Stärkung des verbleibenden Kerngeschäfts generiert werden.

Kurzporträt Dr. Wieselhuber & Partner

Dr. Wieselhuber & Partner (W&P) ist eine unabhängige, branchenübergreifende Top-Management-Beratung für Familienunternehmen sowie für Sparten und Tochtergesellschaften von Konzernen unterschiedlicher Branchen. Sie ist spezialisiert auf die unternehmerischen Gestaltungsfelder Strategie, Digitale Transformation, Business Performance sowie Restructuring & Finance. Von seinen Standorten in München, Hamburg, Stuttgart und Düsseldorf bietet Dr. Wieselhuber & Partner seinen Kunden umfassendes Branchen- und Methoden-Know-how mit dem Anspruch, die Wachstums- und Wettbewerbsfähigkeit, Ertragskraft und den Unternehmenswert seiner Auftraggeber nachhaltig sowie dauerhaft zu steigern.

Mehr Informationen auf: www.wieselhuber.de

Quelle: Dr. Wieselhuber & Partner

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