EVN treibt Netzausbau und erneuerbare Energien voran:

50 % der Trafostationen unter Druck

von Sandra Eisner
Foto: © EVN/Matejschek

Die EVN steht vor großen Herausforderungen: 50 % der Trafostationen in Niederösterreich arbeiten derzeit unter Beschränkungen. Doch das Unternehmen arbeitet bereits intensiv an einer Lösung: So plant man massive Investitionen in den Netzausbau und erneuerbare Energien, um den steigenden Bedarf zu decken. Im Rahmen einer Pressekonferenz gaben Vorstandssprecher Stefan Szyszkowitz (rechts am Titelbild) und Technikvorstand Stefan Stallinger (im Bild links) einen Einblick in die geplanten Maßnahmen und Projekte.

„Die Rahmenbedingungen für die Stromerzeugung aus Wind- und Wasserkraft waren in den ersten sechs Monaten sehr gut, dennoch gibt es Herausforderungen im Energievertrieb,“ erklärte Stefan Szyszkowitz, Vorstandssprecher der EVN anlässlich der Pressekonferenz im Beisein des i-Magazins. Das Unternehmen konnte trotz der volatilen Großhandelspreise eine stabile Geschäftsentwicklung verzeichnen, sieht sich jedoch mit Herausforderungen bei der Planung von Absatzmengen konfrontiert. „Die Verbraucher achten vermehrt auf Einsparungsmöglichkeiten, zudem decken immer mehr Haushalte und Betriebe ihren Strombedarf aus eigener Photovoltaik-Erzeugung.“

Stromeinspeisung als Herausforderung

Die Einspeisesituation stellt die EVN – so wie auch viele andere Netzbetreiber in Österreich – vor große Herausforderungen. Technikvorstand Stefan Stallinger betonte dahingehend: „Hier ersuche ich unsere Kunden um Verständnis – wir stehen vor der Situation, dass rund 50 % der Trafostationen derzeit mit Beschränkungen arbeiten. Aber genau diese Beschränkungen sind bereits mit Projekten aufgegleist, sodass wir hier im Endeffekt im Zeitraum von zwei, drei Jahren entsprechend auch die Einspeisesicherheit wiederherstellen können.“

800 Millionen Euro pro Jahr für die Zukunft der Energieversorgung

Um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden, plant die EVN ein Investitionsprogramm von rund 800 Millionen Euro jährlich. „Wir haben uns ein ehrgeiziges Ziel gesetzt, das Netz so auszubauen, dass es 6.000 MW aufnehmen kann,“ so Stefan Stallinger, Technikvorstand der EVN. In den letzten fünf Jahren konnte die EVN die Netzkapazität von ursprünglich 1.500 MW auf 3.000 MW bereits verdoppeln. Eine beeindruckende Leistung angesichts der Tatsache, dass man für die Errichtung der bisher zur Verfügung gestandenen 1.500 MW rund 100 Jahre gebraucht hatte. Stallinger erläuterte die konkreten Schritte vor dem i-Magazin-Mikro: „Bis 2030 sollen weitere 40 Umspannwerke und 700 neue Trafostationen pro Jahr errichtet werden, darunter auch regelbare Ortsnetztrafos. Diese Investitionen in der Höhe von 3 Milliarden Euro sind notwendig, um den Strom aus erneuerbaren Energiequellen effizient ins Netz einzuspeisen und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.“ Der Ausbau umfasst auch die Verlegung von 1.000 Kilometern Kabel auf der Niederspannungs- und Mittelspannungsebene sowie 300 Kilometern auf der Hochspannungsebene. „Das alles sind gewaltige Maßnahmen, aber nicht nur technischer Natur, sondern wir müssen hier mit einer Netzintelligenz arbeiten. Das heißt, die richtigen Maßnahmen an der richtigen Stelle inklusive der richtigen Steuerung werden dazu führen, dass wir hier auch kostenoptimiert diese große Herausforderung bewältigen können. Am Ende des Tages werden wir auch die Kunden dazu brauchen – ich sage nur Stichwort »Stromspeicher in den Haushalten«, damit wir hier gemeinsam mit den Kunden wirklich ein Optimum erzielen und dass wir hier diese gewaltige Herausforderung der 6.000 MW bis 2030 stemmen können.“

Lieferzeiten und Einspeisetarife

Auf die Frage des i-Magazins nach den aktuellen Lieferzeiten für Trafos erklärte Stallinger: „Die Lieferketten-Situation hat sich beruhigt. Wir sind auf einem guten Weg. Wir hatten vor ein, zwei Jahren noch Lieferzeiten von bis zu 70 Wochen.“ Dank intensiver Bemühungen konnte die EVN die Lieferzeiten auf ein akzeptables Maß reduzieren: „So, dass wir die notwendigen Materialien heuer gut und verlässlich zur Verfügung haben“, konkretisierte Stallinger.

Zum Thema Einspeisetarife für Photovoltaikanlagen unterstrich Szyszkowitz: „Der optimale Einsatz von PV-Anlagen liegt im Eigenbedarf. Jeder kann bis zu einer Bezugsleistung von 4 kW einspeisen, darüber hinaus ist der Eigenbedarf das Optimum.“ Sein Kollege Stallinger fügte hinzu: „Das wirtschaftliche Optimum einer PV-Anlage liegt im Eigenbedarf. Sowohl für den Haushalts- wie auch für den Gewerbekunden, denn hier sind auch die entsprechenden Renditen dann im Endeffekt auch gewährleistet.“

Windkraft und Photovoltaik auf Rekordkurs

Im Bereich der erneuerbaren Energien aus eigener Produktion hat die EVN bereits große Fortschritte gemacht. „Unser Ziel ist es, die Windkraftkapazität auf 770 MW zu erhöhen,“ erläuterte Stallinger. Aktuell befinden sich mehrere große Projekte in der Umsetzung, darunter der Windpark in Sigleß-Pöttelsdorf mit 8,4 MW und Paasdorf mit 22,2 MW. Auch im Bereich Photovoltaik plant die EVN umfangreiche Erweiterungen. „Im ersten Halbjahr konnten wir die Kapazität auf 80 MW verdoppeln,“ sagte Stallinger und verwies auf Projekte wie das 24-MW-Projekt in Dürnrohr. Das gute Wind- und Wasserdargebot der letzten zwölf Monate sowie Kapazitätserweiterungen führten insgesamt zu einem Anstieg der erneuerbaren Erzeugung. „Dadurch konnten wir den Anteil der erneuerbaren Erzeugung deutlich steigern. Mit 83 % erneuerbarer Stromerzeugung haben wir einen historischen Höchstwert erzielt“, betonte Szyszkowitz.

Batteriespeicher und Wärmepumpen im Fokus

Ein Zukunftsfeld der EVN sind die Batteriespeicher. „Ein 70-MW-Batteriespeicher in Theiß wird es uns ermöglichen, Strom von Mittag auf Abend zu verschieben“, erklärte Stallinger. Dies ist besonders wichtig, um die volatile Einspeisung aus Photovoltaikanlagen auszugleichen. Die EVN hat bereits erste Projekte in diesem Bereich gestartet und plant, die Kapazitäten in den kommenden Jahren deutlich auszubauen.

Zukunftsfeld Nummer 2 sind die Wärmepumpen. Das beste Beispiel dafür ist der Standort Korneuburg, wo die EVN mit einer Hochleistungswärmepumpe über den Sommer Biomasse spart, indem aus Überschussstrom Wärme erzeugt wird. „Am Standort Korneuburg wird die Warmwasserbereitstellung über den Sommer mit einer Wärmepumpe bewerkstelligt, damit wir dann wiederum, wenn es in den Winter geht, mehr Biomasse zur Verfügung haben und damit die Wärmeversorgung sichern können“, fasste Stallinger zusammen.

Letztendlich steht auch die Dekarbonisierung der Heizkraftwerke im Mittelpunkt. In St. Pölten entsteht derzeit ein neues Heizkraftwerk, das Strom und Wärme für tausende Haushalte liefern wird.

Ausbau der Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität schreitet voran

Wachsende Bedeutung räumt Stallinger auch der Elektromobilität ein. Mit 2.700 Ladepunkten ist die EVN laut eigener Aussage der größte Ladestationen-Betreiber in Österreich. „Mit unserer Ladekarte, mit unserem Kundenservice decken wir 90 % aller Ladepunkte ab. Ich bin selber begeisterter Kunde unserer Ladekarte. Und es wird auch in den laufenden Ausbau dieser Ladeinfrastruktur investiert“, so Stallinger. Die EVN will dabei nicht die Autos zu den Tankstellen bringen, sondern die Tankstellen zu den Autos. „Das heißt, wir bauen das Laden jetzt dort aus, wo die Autos stehen. Das ist zu Hause, das ist aber auch beim Parkplatz der Einkaufszentren gelungen in einer Kooperation mit Spar und Hofer, sodass wir in Summe über 1.000 neue Ladepunkte schaffen werden in einer Kooperation mit diesen Supermarktketten“, macht Stallinger den Elektroautofahrern Hoffnung auf ein unkompliziertes Laden während des Einkaufens. Stallinger hat aber noch weitere gute Nachrichten für die Elektromobilität: „Wichtig ist natürlich auch, wenn dann die Reise einmal etwas länger wird, die Kooperation mit der Asfinag.“ Gemeinsam mit der Autobahngesellschaft hat man zwei neue große Schnellladestationen am Rastplatz Roggendorf (für PKW und LKW) bzw. beim Rastplatz Hausruck (für LKW) errichtet.

Fazit

Die EVN steht – wie auch die anderen Elektroversorgungsunternehmen und Netzbetreiber – vor großen Herausforderungen. Aber mit einem klaren Fokus auf den Ausbau der Netzinfrastruktur und erneuerbaren Energien zeigt das Unternehmen den Weg in eine nachhaltige Zukunft. Die geplanten Investitionen und Projekte sollen nicht nur die Energieversorgung sichern, sondern auch zur Reduktion von CO2-Emissionen beitragen. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie effektiv diese Maßnahmen umgesetzt werden können.

Weitere Informationen auf: www.evn.at

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