Kolumne von Thomas Graf-Backhausen:

Gewinne, Politik und die PV-Kunden: Wer sind die Gewinner der Energiewende?

von Sandra Eisner
Foto: © www.i-magazin.com

Eine zentrale Frage stellt sich stets: Warum liefern Energieversorger wie die EVN ihre Gewinne an die Landesregierung ab, während gleichzeitig Investitionen nötig sind und Kunden mit steigenden Energiepreisen oder neuen Regulierungen konfrontiert werden? Als börsennotiertes Unternehmen mit einer klaren Mehrheit der Anteile in öffentlicher Hand – die EVN gehört zu über 51 % der NÖ Landes-Beteiligungsholding GmbH und zu 28,4 % der Wiener Stadtwerke GmbH – sind die finanziellen Ergebnisse der EVN auch von politischem Interesse. Überschüsse fließen regelmäßig in das Landesbudget – Gelder, die theoretisch auch für den Netzausbau, günstigere Tarife oder neue Speicherlösungen genutzt werden könnten.

Doch welche Konsequenzen hat das für die Kunden? Besonders für jene, die sich durch ihre eigene Photovoltaikanlage weitgehend selbst versorgen? Einerseits profitieren sie von sinkenden Strombezugskosten, andererseits geraten sie zunehmend in den Fokus der Netzbetreiber. Denn während die EVUs laut eigenen Angaben massiv in erneuerbare Energien investieren, drängen sie gleichzeitig darauf, die Einspeisung von PV-Strom der Kundinnen und Kunden stärker zu regulieren.

Eine Analyse des aktuellen Regierungsprogramms zeigt, dass die Interessen der Energiewirtschaft zunehmend Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen. So sieht das Programm unter anderem eine „stärkere leistungsabhängige Beteiligung von Einspeisern an der Kostentragung“ vor. Die Textpassage aus dem Regierungsprogramm dazu lautet: „Gezielte Maßnahmensetzung, um Kosten bei Endverbrauchern zu dämpfen, u.a. durch Anpassungen in der Netztarifstruktur mit Herstellung Verursachergerechtigkeit und stärkere Orientierung an der Leistung sowie stärkere leistungsabhängige Beteiligung von Einspeisern an der Kostentragung und Beanreizung netzdienliches Verhalten.“ Mit anderen Worten: Es deutet alles darauf hin, dass Netznutzer, insbesondere Besitzer von Photovoltaikanlagen, stärker zur Kasse gebeten werden. Zudem wird eine „Spitzenkappung von neuem Wind- und PV-Anlagen“ angedacht, was die Einspeisung von überschüssigem Strom ins Netz erschweren könnte.

Während also die erneuerbare Stromerzeugung auf den Dächern vieler Haushalte wächst, setzen die großen Energieversorger auf Maßnahmen, die diesen Trend abbremsen oder wirtschaftlich weniger attraktiv machen. Die Maßnahmen im Regierungsprogramm lassen erkennen, dass die Energieversorger dabei als Gewinner aus der aktuellen Situation hervorgehen, während private Betreiber von PV-Anlagen durch zusätzliche Kosten und regulatorische Hürden benachteiligt werden. Dies verdeutlicht, dass das Lobbying der Energiewirtschaft nun auch in der politischen Agenda Niederschlag gefunden hat.

Letztlich stellt sich die Frage, ob das bisherige Geschäftsmodell der Energieversorger mit der Energiewende noch vereinbar ist – oder ob Kundinnen und Kunden mit eigener Erzeugung künftig mit neuen Netzgebühren oder Einschränkungen rechnen müssen.

Unsere Analyse lautet

Gewinner: Die Energieversorger und Netzbetreiber

  • Die großen Energieversorger und Netzbetreiber sind die klaren Gewinner dieser Maßnahme.
  • Durch eine „stärkere leistungsabhängige Beteiligung“ von Einspeisern an den Netzkosten könnten neue Gebühren oder Abgaben für Haushalte mit Photovoltaikanlagen eingeführt werden. Dies würde den wirtschaftlichen Druck auf private PV-Anlagenbetreiber erhöhen und die Rentabilität ihrer Investition verringern.
  • Die Netzbetreiber erhalten eine zusätzliche Einnahmequelle, ohne selbst größere Anpassungen an ihren Geschäftsmodellen vornehmen zu müssen.
  • Zudem ermöglicht diese Maßnahme eine bessere Steuerung der Einspeisung, was bedeutet, dass Netzbetreiber mehr Kontrolle über den Stromfluss behalten und weniger ungewollte Einspeisungen aus dezentralen Erzeugungsanlagen haben.

Verlierer: Private PV-Anlagenbetreiber und Prosumer

  • Besitzer von Photovoltaikanlagen (Prosumer) werden durch die geplante Maßnahme zu den Hauptverlierern.
  • Sie könnten künftig mit zusätzlichen Netzkosten belastet werden, obwohl sie selbst Strom erzeugen und oft nur geringe Mengen ins Netz einspeisen.
  • Besonders betroffen sind Haushalte, die ihre PV-Anlage ursprünglich unter der Annahme wirtschaftlicher Vorteile installiert haben und nun mit neuen Kosten konfrontiert werden.
  • Die Maßnahme könnte auch den Ausbau neuer PV-Anlagen unattraktiver machen, da sich die Amortisationszeit verlängert.

Weitere Verlierer: Die Energiewende und unabhängige Stromversorgung

  • Die angedachte „Spitzenkappung“ könnte dazu führen, dass erneuerbarer Strom aus PV- und Windkraftanlagen nicht mehr in vollem Umfang eingespeist werden kann. Das reduziert den Anteil von erneuerbarer Energie im Netz, obwohl politisch eigentlich der Ausbau gefördert werden soll.
  • Zudem könnte es eine Signalwirkung haben: Wer heute eine PV-Anlage installiert, muss damit rechnen, dass politische und regulatorische Maßnahmen die Rentabilität dieser Investition künftig weiter verschlechtern.
Fazit: Politische Weichenstellung zugunsten der Energieversorger

Die Maßnahme zeigt, dass das Lobbying der Energieversorger und Netzbetreiber Früchte trägt. Während sie von zusätzlichen Gebühren und besserer Steuerbarkeit profitieren, geraten private PV-Anlagenbesitzer unter Druck. Die Energiewende wird damit in eine Richtung gelenkt, in der große Versorger weiterhin dominieren, anstatt eine echte Dezentralisierung der Stromerzeugung zu ermöglichen.

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