Energiekrise und Versorgungssicherheit:

Investitionen in Energiewende und temporärer Strommarkteingriff gefordert

von Sandra Eisner
Foto: © OVE/C. Fürthner

Angesichts der aktuellen Energiekrise ist ein Ausbau der erneuerbaren Energien dringender denn je. Um die Versorgungssicherheit auch in Zukunft sicherzustellen, brauche es umfangreiche Investitionen in den Umbau und in die Digitalisierung des Energiesystems, fordert der OVE Österreichischer Verband für Elektrotechnik im Rahmen einer Pressekonferenz anlässlich der OVE-Energietechnik-Tagung in Graz. Zumindest temporär sei auch eine Entkoppelung der Strom- und Gaspreise notwendig.

Die sichere Versorgung der österreichischen Unternehmen und Privathaushalte mit Gas und Strom ist im kommenden Winter eine besondere Herausforderung. Doch auch wenn die Situation am Energiemarkt angespannt bleibt – aus heutiger Sicht ist die Versorgung über den Winter gesichert. Mittlerweile sind die Gasspeicher gut gefüllt, das Speicherziel von 80 % wurde deutlich früher als geplant erreicht. Alfons Haber, Vorstand der E-Control: „Dass dies erreicht werden konnte, ist massiven Anstrengungen von allen Beteiligten zu verdanken, sei es auf der politischen oder der regulatorischen Ebene, aber auch die Marktteilnehmer haben hier einen wichtigen Beitrag geleistet. Damit kann man guten Gewissens sagen, dass die Gasversorgung im heurigen Winter aus heutiger Sicht sichergestellt ist, was vor allem für die Wirtschaft eine große Erleichterung darstellt.“

Energie wertvoll wie selten zuvor

Problematisch bleibt aber weiterhin die angespannte Preissituation. Das Einsparen von Energie müsse deshalb weiterhin im Fokus bleiben, so Haber: „Jede nicht verbrauchte Kilowattstunde Strom oder Gas war noch nie so wertvoll. Und das gleich dreifach: Sie spart Geld, macht uns unabhängig und hilft dem Klima.“ Angesichts der Situation – wegen der Trockenheit gibt es weniger Strom aus Wasserkraft und in Frankreich sind Kernkraftwerke wegen Instandhaltungsarbeiten außer Betrieb – müsse die Stromversorgungssituation in Europa jedenfalls genau im Auge behalten werden, betont der E-Control-Vorstand.

„Österreichs Energiewirtschaft hat bereits gute Konzepte vorgelegt. Es liegt nun an den Entscheidungsträgern, diese Vorschläge auf europäischer Ebene zu vertreten und möglichst rasch umzusetzen“, so Kari Kapsch, OVE-Präsident. (Bild: OVE/C. Fürthner)

Temporärer Strommarkteingriff gefordert

Die explodierenden Energiepreise machen Sofortmaßnahmen, etwa Energiekostenzuschüsse, notwendig, um den Wirtschaftsstandort zu stärken und eine De-Industrialisierung Europas zu verhindern. Der OVE fordert neben diesen kurzfristigen Maßnahmen aber auch mittel- und langfristige Lösungen, wie zum Beispiel eine – zumindest temporäre – Entkoppelung der Strompreise von den Gaspreisen. Würden Gaskraftwerke innerhalb des Merit Order-Prinzips vom Staat gefördert, wären diese nicht mehr preisbestimmend, wodurch der Strompreis sinken würde. „Österreichs Energiewirtschaft hat bereits gute Konzepte vorgelegt. Es liegt nun an den Entscheidungsträgern, diese Vorschläge auf europäischer Ebene zu vertreten und möglichst rasch umzusetzen“, so OVE-Präsident Kari Kapsch.

Versorgungssicherheit durch Netzausbau

Um die Versorgungssicherheit auch in Zukunft sicherzustellen, ist ein rascher Infrastrukturausbau notwendig. Dabei gehe es nicht nur um den Ausbau der Erzeugungskapazitäten für erneuerbare Energien, sagt Martin Graf, Vorstandsdirektor der Energie Steiermark AG: „Für eine erfolgreiche Energietransformation und einen klimaneutralen Energiesektor brauchen wir eine leistungsfähige und zukunftsfitte Netzinfrastruktur. Die Ertüchtigung, der Ausbau und die Automatisierung und Digitalisierung der Stromnetze kombiniert mit innovativen, netzdienlichen Speichertechnologien sind wesentlich, um die Versorgungssicherheit auch in Zukunft auf dem gewohnt hohen Niveau zu garantieren.“ Hierfür investieren die Energienetze Steiermark als Tochtergesellschaft der Energie Steiermark rund 1,5 Milliarden Euro in die Netzinfrastruktur, um die Integration von bis zu 2.000 MW erneuerbarer Erzeugungsleistung bis 2030 in der Steiermark zu ermöglichen. „Wer JA sagt zu Ökostrom, muss auch JA sagen zum Netzausbau. Die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, die Ausweisung von Vorrangzonen und eine investitionsfördernde Regulierungssystematik sind essenziell für die angestrebte Energiewende“, so Graf.

„Jede nicht verbrauchte Kilowattstunde Strom oder Gas war noch nie so wertvoll. Und das gleich dreifach: Sie spart Geld, macht uns unabhängig und hilft dem Klima“, weiß Alfons Haber, Vorstand der E-Control (rechts im Bild). (Bild: OVE/C. Fürthner)

Fachkräfte für Umsetzung der Energiewende

Auch auf den aktuellen Fachkräftemangel in der Elektrotechnik-Branche wiesen die Experten im Rahmen der Pressekonferenz hin. Es brauche Investitionen im Bildungsbereich und Ausbildungsoffensiven, um die dringend notwendigen Nachwuchskräfte für die Umsetzung der Energiewende zu gewinnen. „Wir brauchen allgemein eine stärkere Technik-Fokussierung im österreichischen Bildungssystem und ganz konkret eine Qualifizierungsoffensive Elektrotechnik. Und zwar auf allen Ebenen, beginnend in den Schulen über Lehrberufe und Studienangebote an Fachhochschulen und Universitäten bis hin zu Weiterbildungsangeboten im beruflichen Umfeld“, betonte OVE-Präsident Kapsch. Einen Fokus auf den Fachkräftenachwuchs legt traditionell auch die OVE-Energietechnik-Tagung. Wie jedes Jahr werden auch heuer wieder die OVE-Energietechnik-Preise für herausragende Abschlussarbeiten vergeben.

Weitere Informationen auf: www.ove.at

Quelle: APA

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