Kolumne eines anonymen Verfassers:

Ladetarife und der Dschungel der Gebühren

von Sandra Eisner
Foto: © www.pixabay.com

Die Welt der Elektromobilität, so verheißungsvoll und innovativ sie auch ist, zeigt sich im Alltag oft als undurchdringlicher Dschungel für Konsumenten. Besonders die Vielfalt und Komplexität der Ladetarife stellt selbst routinierte Fahrer von Elektrofahrzeugen immer wieder vor Herausforderungen. Wie soll sich da erst jemand zurechtfinden, der gerade erst den Umstieg von fossilen Brennstoffen wagt?

Zwischen Akzeptanz und Verunsicherung

Das Laden eines Elektroautos dauert länger als das herkömmliche Tanken von Benzin oder Diesel. Diese Tatsache, verbunden mit einer gewissen Skepsis gegenüber Ladezeiten und Reichweiten, ist vielen bekannt. Doch zusätzlich sorgt die Unterscheidung zwischen AC- (Wechselstrom) und DC-Lademöglichkeiten (Gleichstrom) bei einigen für Stirnrunzeln. Diese Wahl wäre bereits kompliziert genug, doch dazu kommt noch eine schier unüberschaubare Vielfalt an Tarifen: kWh-basierte Abrechnungen, Minutenpreise, Blockiergebühren und weitere kreative Gebührenmodelle. Für den Ladewilligen bedeutet dies nicht nur Verwirrung, sondern auch einen spürbaren Dämpfer in der Akzeptanz dieses zukunftsweisenden Antriebs.

Ein positives Beispiel – mit Einschränkungen

Positiv hervorzuheben ist das österreichweite Ladenetz der Energieversorger, die untereinander gut vernetzt sind. Mit einer einzigen Ladekarte lassen sich zahlreiche Ladepunkte nutzen, und unterschiedliche Tarife werden durch Roaming harmonisiert. Dennoch bleibt der Dschungel bestehen: AC- und DC-Tarife variieren verständlicherweise aufgrund der unterschiedlichen Kosten der Infrastruktur. Doch eine Gebühr sorgt besonders für Unmut: die Blockiergebühr.

Diese wird nach Ablauf einer vorgegebenen Ladezeit – oft zwei bis vier Stunden – fällig. Dabei handelt es sich um eine Zusatzgebühr für die Nutzung der Infrastruktur, die auf die kWh-Kosten aufgeschlagen wird. Problematisch ist dies vor allem bei längeren Ladezeiten, wie sie an AC-Ladestationen unvermeidlich sind. Besonders ärgerlich wird es, wenn eine Blockiergebühr anfällt, obwohl das Fahrzeug noch geladen wird.

Ein Beispiel aus der Praxis

Ein Vorfall in einer Hoteltiefgarage eines schneereichen Bundeslandes illustriert die Problematik eindrücklich: Der regionale Stromversorger betreibt hier sechs Wallboxen mit einer Leistung von 11 kW. Der kWh-Tarif von 42 Cent erscheint auf den ersten Blick fair. Doch die Blockiergebühren werfen Fragen auf. Ein Gast kommt gegen 20:00 Uhr mit einem Ladestand von 20 Prozent an und möchte seinen 80-kWh-Akku über Nacht vollladen.

Die Abrechnung sieht so aus:

  • Ladevorgang AC 11 kW: Start 19:55, geladen: 64,223 kWh

à € 0,42 → € 26,97

  • Infrastrukturbelegung > 4 Stunden: 458 Minuten

à € 0,01 → € 45,80

Gesamtkosten: € 72,77

Das bedeutet: Hätte der Gast sein Fahrzeug nach vier Stunden um Mitternacht umgeparkt, wären keine Blockiergebühren angefallen – doch der Akku wäre nicht vollgeladen gewesen. Eine weitere Option wäre gewesen, das Fahrzeug gegen 2:00 Uhr vollgeladen umzuparken. Doch wer möchte mitten in der Nacht sein Auto bewegen? Der Versuch, über Nacht zu laden, führte letztlich zu einer Gesamtrechnung, bei der die Blockiergebühren den eigentlichen Ladetarif deutlich übersteigen.

Die Konsequenzen für Nutzer

Die Blockiergebühr – ursprünglich wohl als Mittel gegen Dauerparker gedacht – führt in der Praxis zu Frustration und Unsicherheit. Selbst mit Apps wie Chargeprice, die Tarifdetails und Gebührenmodelle transparent darstellen, lässt sich kaum eine Ladestation finden, die keine Blockiergebühren erhebt. Für Fahrer – mit Insiderwissen – wird der Schnelllader zur bevorzugten Option, auch wenn dies längere Wartezeiten und unproduktive Standzeiten bedeutet. Der Grund dafür: Schnelllader können auf Grund mangelhafter Auswertmöglichkeit des Status keine Zeitkomponente liefern, wodurch für den Kunden nach Beendigung des Ladevorgangs keine Blockiergebühr verrechnet wird.

Fazit

Die Elektromobilität hat das Potenzial, den Verkehr nachhaltiger und effizienter zu gestalten. Doch der „Tarifdschungel“ und insbesondere die Blockiergebühren stehen diesem Ziel oft im Weg. Ein nutzerfreundliches, transparentes und fair gestaltetes Ladesystem ist essenziell, um die Akzeptanz dieser zukunftsweisenden Technologie langfristig zu sichern. Denn nur so wird aus der Dornenkrone der Tarife eine echte Erfolgsgeschichte für die Mobilität von morgen.

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